Feedback-Kultur als Motor für Veränderungen einsetzen

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Corona treibt die digitale Transformation. Feedback-Kultur verankert diesen Wandel im Unternehmen. Klaus Peren erläutert, wie Sie vorgehen können.

Die Coronakrise zwingt uns in Deutschland (endlich), die digitale Transformation voranzutreiben. Aber immer noch sehen Unternehmen diese Transformation als eine rein technische „Umstellung“. Digitale Veränderung – zum Beispiel im Thema Homeoffice – wird aber dann produktiv, wenn wir neben den technischen Voraussetzungen noch die weiteren Enabler der Transformation nachhaltig verfolgen: Hierarchien aufbrechen, in Netzwerken arbeiten, über Vertrauen anstelle von Kontrolle führen, Verantwortung in Teams verlagern oder auch das Performance Management auf den Prüfstand stellen. An einem zentralen Hebel zur Veränderung des Unternehmens insgesamt – der Feedback-Kultur – erläutere ich das genauer.

Feedback führt zu höherer Zufriedenheit

Umfragen zeigen, dass gut die Hälfte der Beschäftigten kaum bis keine Rückmeldung zu Leistung, Verhalten oder Entwicklung bekommt – insbesondere in KMU – und dass Mitarbeiter sich mehr Feedback wünschen. Die größeren Unternehmen mit ihren meist jahresbezogenen Modellen zur Leistungsbeurteilung und variabler Vergütung machen es nicht viel besser, da sich mit einer jährlichen „Top-down-Rückmeldung“ nicht wirklich eine Feedback-Kultur entwickelt.

Studien zeigen, dass die Entwicklung einer Feedback-Kultur ein starker Hebel für höhere Zufriedenheit, Kundenorientierung, Innovation, bessere Führung und am Ende auch Performance sein kann. Die für mich wesentlichen Punkte für die Entwicklung einer Feedback-Kultur in hierarchischen Strukturen sind:

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  • Vereinbaren Sie ein systematisches Vorgehen im Unternehmen
    Eine Feedback-Kultur entwickelt sich nicht von selbst, zu groß sind die im Unterbewusstsein verankerten Ängste und Widerstände bei Führungskräften und Mitarbeitern. Daneben ist meine Erfahrung, dass man an dem Thema dauerhaft arbeiten muss, sonst fällt die Organisation wieder zurück. Beide Punkte sprechen für ein systematisches, für das Unternehmen vereinbartes Vorgehensmodell. Am erfolgsversprechenden sind dabei persönliche Gesprächsformate, die um andere Instrumente (Teamfeedback, digitale Feedback-Tools) ergänzt werden können.
  • Setzen Sie auf wechselseitiges Feedback
    Ein starkes Signal für eine neue Bottom-up-Kultur ist, wenn Sie auch den Mitarbeitern die Möglichkeit einräumen, Ihren Vorgesetzten gleichberechtigt Feedback zu geben. Das zwingt Führungskräfte gleichzeitig, ihren Mitarbeitern wieder stärker zuzuhören, deren Erkenntnisse, Erfahrungen und Ratschläge in Entscheidungsprozesse einzubeziehen.
  • Feedback ist mehr als eine Rückmeldung
    Feedbackprozesse werden dann produktiv, wenn neben der Rückmeldung zu einem beobachteten Verhalten auch gleich ein Unterstützungsangebot gegeben wird, sei es zwischen Mitarbeitern und Führungskräften oder innerhalb von Teamfeedbackformaten. So wird Feedback zum Kern der kontinuierlichen Entwicklung Ihres Unternehmens.
  • Feedback umkehren: Vom Geben zum Einfordern
    Feedback ist immer noch mit Ängsten verbunden. Unser Gehirn signalisiert uns im Vorfeld von Feedbackgesprächen eine Bedrohung der Sicherheit, des Status im sozialen Gefüge im Unternehmen oder eine gegebenenfalls unfaire Behandlung. Im traditionellen Format wird Feedback daher nicht produktiv. Oft habe ich es erlebt, dass es ungeschriebene und unausgesprochene Übereinkünfte gibt, dass man sich wechselseitig nicht „weh tut“.
    Drehen Sie daher den Feedbackprozess um: Vom Feedback gegen zum Feedback erbeten beziehungsweise einfordern. Die Initiative liegt dann nicht mehr beim Feedback-Geber, sondern beim Nehmer. Vor einem Feedbacktermin werden dann die Punkte ausgetauscht, über die beide Teilnehmer reden möchten.
    Das hat zwei Vorteile: Zum einen ist das Themenfeld klar eingegrenzt (das hilft gegen die oben angeführten Ängste) und zum anderen versetzt man sich schon im Vorfeld des Gesprächs in die Situation des Gegenübers: Wie wird wohl die Rückmeldung zu den Punkten sein. Dieser Perspektivenwechsel in Verbindung mit der Eingrenzung ermöglicht, dass so konzentrierter die wesentlichen Themen angesprochen werden. Zudem legen jüngere Ergebnisse der Hirnforschung nahe, dass dieses Format nicht nur angstbefreiter ist, sondern dann auch trotz Eingrenzung eher kritische Punkte angesprochen werden.
  • Jährliche Gespräche reichen nicht
    Wie oft Sie diese Feedback-Gespräche durchführen sollten, ist abhängig von der Komplexität und Dynamik Ihres Geschäftes. Die bewährten Modelle in der Praxis zeigen aber, dass Feedback-Gespräche mindestens einmal im Quartal stattfinden sollten.
  • Erweitern Sie Feedback um aktuelle und Entwicklungsthemen
    Die Gesprächsformate sollten in eine Diskussion zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzen eingebettet sein, welche Themen aktuell anliegen, welchen Beitrag der Mitarbeiter zum Erfolg des Teams und Unternehmens leistet und wie die Führungskraft unterstützen kann. In der Praxis werden diese Formate um erforderliche Qualifizierungsmaßnahmen ergänzt sowie um Aussagen, welche Entwicklungsschritte die Führungskraft beim Mitarbeiter mittelfristig sieht.
  • Kompetenzmodelle sind kein Auslaufmodell
    Kompetenzmodellen wird bescheinigt, dass sie nicht mehr zu agilen Unternehmen passen. Das stimmt für mich nur für die Unternehmen, die in einem sehr dynamischen und komplexen Umfeld arbeiten. Und dann auch nur für Hard Skills. Für mich macht es weiterhin Sinn, für ein Unternehmen die nur mittelfristig entwickelbaren / erfolgskritischen Soft Skills zu identifizieren und einen für das Unternehmen gültigen Wertekanon zu vereinbaren. In dem Sinne veränderte Kompetenzmodelle passen dann auch noch zu agilen Unternehmen.
  • Schulnotensystem abschaffen
    Die gängigen Leistungsbeurteilungssysteme verknüpfen ein Kompetenzmodell allerdings mit Einstufungen – meist 5er-Grids, ähnlich Schulnoten. Die Diskussion über Leistung und Potential sollte wie beschrieben Teil der Feedback-Gespräche sein. Verzichten Sie dabei aber unbedingt auf die Schulnotenmodelle, da diese Ansätze die Zusammenarbeit im Team oder darüber hinaus gefährden können und durch die unbewussten Fehler in der Bewertung/Einschätzung von Menschen zu stark fehlerbehaftet sind. So verstanden können die Formate auch unformalisiert und unbürokratisch aufgesetzt werden.
  • 360-Grad-Ansatz verfolgen
    Neben dem systematisch verankerten Feedback zwischen Vorgesetzten und Mitarbeiter macht es auch Sinn, Kollegen, Projektleiter, Kunden in den Feedback-Prozess einzubeziehen. Mittlerweile sind 360-Grad-Feedback-Tools breit verfügbar und im Handling und in der Auswertung einfach; daneben bieten peer-basierte Lob-Tools einen guten Einstieg, die Qualität der Zusammenarbeit im Unternehmen transparenter zu machen.
  • Der kleinste Schritt
    Vielleicht ist Ihnen das alles zu ambitioniert. Dann könnte ein erster Schritt sein, dass Sie Ihren Mitarbeitern ein Initiativrecht einräumen, zum Beispiel mindestens zweimal (besser öfter) im Jahr ein Feedback-Gespräch zu terminieren. In diesem fordert der Mitarbeiter die Führungskraft auf, zu aus seiner Sicht wichtigen Themen eine Einschätzung zu geben.

Feedback-Kultur ist ein Veränderungsthema

Auch die Weiterentwicklung der Feedback-Kultur ist ein Veränderungsthema. Damit dieses Projekt gelingt, sollten die Bausteine dieser Strategie vom Top-Management/den Führungskräften getragen, mit den Mitarbeitern, Betriebsräten entwickelt und transparent die einzelnen Entwicklungsschritte kommuniziert werden. Mit Hilfe von – onlinebasierten – Pulsbefragungen können Sie regelmäßig abfragen, ob und wie die Instrumente angenommen und angewendet werden und ob sich die Mitarbeiterzufriedenheit positiv entwickelt.

Die neuen Gesprächsformate setzen eine hohe soziale Kompetenz voraus. Bei der Einführung sollten Sie mindestens die Führungskräfte, besser noch alle in Mitarbeiter in dem neuen Feedback-Prozess trainieren. Präsenzschulungen, aber auch Blended Learning bieten sich hierfür an, Lernvideos zur Gesprächsführung in dem neuen Format sind eine gute Ergänzung.

Wer diesen Weg einschlägt, wird bald merken, dass andere Instrumente/Themen verändert werden müssen: Die Kommunikationsformate, die variable Vergütung, das Talent-Management, die Art und Qualität der Beteiligung, Zusammenarbeit und Führung des Unternehmens sowie der Aufbau- und Ablauforganisation. Die Feedback-Kultur wird damit zum Motor Ihrer Unternehmenstransformation, gerade in Zeiten von Corona.

Klaus Peren hat nach langer operativer HR-Verantwortung in verschiedenen Management-Funktionen bei der Deutschen Telekom und beim Arbeitgeberdachverband BDA die HR-Strategieberatung 360Compass gegründet. 360Compass begleitet Unternehmen in Transformationsphasen, bei der Weiterentwicklung zentraler Themen wie Performance-Management, Kulturentwicklung und der Verhandlung mit Sozial-/Betriebspartnern.

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