Employer Branding: In fünf Schritten an die Spitze

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Wie werde ich attraktiver für Bewerber? Auch in Corona-Zeiten stellen sich Unternehmen diese Frage. Hier kommen Tipps von Malte Fischer, Scholz & Friends.

Die Employer Value Proposition (EVP) bringt auf den Punkt, wofür ein Unternehmen als Arbeitgeber im Kern steht und was das zentrale Versprechen an potentielle und bestehende Mitarbeiter ist. Sie wird auf Basis einer umfassenden Situationsanalyse entwickelt und muss fünf Anforderungen erfüllen.

Dabei sind nicht alle Anforderungen als gleich wichtig anzusehen. Viele Marken versprechen das Gleiche, weil sie sich bei der Erarbeitung der EVP vor allem an den Anforderungen der Zielgruppe aus den gängigen Studien orientieren.

Wer aus der Masse herausstechen möchte, muss sich auf die eigenen Stärken und die eigene Kultur berufen. Es gilt also, die wahren, einzigartigen Stärken und Kulturmerkmale des Arbeitgebers zu identifizieren. Daraus leitet dieser ein relevantes Versprechen an potenzielle und bestehende Mitarbeiter ab, das vom Wettbewerb differenziert, zur Unternehmensmarke passt und im Einklang mit der Vision des Unternehmens steht.

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1. Anforderung: Geerdet im Unternehmen

Die EVP sollte auf den wahren Stärken und Kulturmerkmalen des Arbeitgebers beruhen. So wird die Glaubwürdigkeit der Arbeitgebermarke sichergestellt. Denn es wird nichts versprochen, was im Unternehmensalltag nicht erlebt wird und somit zu Irritationen und Frustrationen der Mitarbeiter führen könnte.

Üblicherweise wird mit Desktop Research gestartet, um ein erstes Gefühl für das Unternehmen, seine Stärken und prägenden Kulturmerkmale zu bekommen. Es werden alle vorhandenen Dokumente (zum Beispiel Leitbild, Karrierewebsite, Arbeitgeberbroschüre) gesichtet und verdichtet. Außerdem werden zusätzliche Informationen (zum Beispiel kununu-Bewertungen, Medienberichte, Rankings) recherchiert und analysiert. Die Ergebnisse aus dem Desktop Research werden durch qualitative Forschung in Form von Mitarbeiterinterviews vertieft. Dabei bietet es sich an, Repräsentanten aus allen Bereichen und Hierarchiestufen des Unternehmens zu befragen.

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2. Anforderung: Im Einklang mit der Vision

Die Arbeitgebermarke sollte nicht nur die aktuelle Wirklichkeit des Unternehmens widerspiegeln, sondern auch einen Beitrag zur anvisierten Zukunft leisten. Ein ganz entscheidender Baustein der Analyse ist daher die Erhebung der Soll-Perspektive. Es gilt herauszufinden, wo das Unternehmen hin möchte, wie sich das Unternehmen und seine Kultur verändern werden und welchen Typ Mitarbeiter es für dieses Vorhaben benötigt. Auch die Soll-Analyse beginnt mit der Sichtung und Verdichtung vorhandener Materialien (zum Beispiel Strategie-Präsentationen, Pressemitteilungen, Geschäftsbericht). Im zweiten Schritt werden Einzelinterviews mit dem Top-Management durchgeführt, mit dem Ziel, die Vision und Strategie des Unternehmens sowie die daraus resultierenden Implikationen für das Arbeitsumfeld und die Mitarbeiter aus erster Hand zu erfahren.

3. Anforderung: Relevant für die Zielgruppe

Die EVP sollte so gestaltet sein, dass sie die Zielgruppe wirklich anspricht. Zunächst muss die richtige Zielgruppe bestimmt werden. Diese wird durch den aktuellen und zukünftigen Personalbedarf vorgegeben. Höchste Priorität hat die Zielgruppe mit hoher Bedeutung für das Unternehmen und niedrigem Rekrutierungserfolg. Dabei geht es nicht immer um die High Potentials, sondern um die Right Potentials. Beschäftigte müssen nicht nur die richtigen Fähigkeiten, sondern auch den entsprechenden „Fit“ zur Marke aufweisen. Hierbei kommt der Analyse der Wünsche, Bedürfnisse und Eigenschaften der Zielgruppen eine hohe Bedeutung zu. Informationen hierzu werden bereits existierenden Studien (zum Beispiel Trendence, Universum) entnommen und durch Interviews beziehungsweise Fokusgruppen mit Zielgruppenvertretern vertieft.

4. Anforderung: Differenzierung zum Wettbewerb

Die Abgrenzung vom Wettbewerb ist unerlässlich, um eine eigenständige Arbeitgebermarke zu etablieren. Nur das Unternehmen, das die Maßnahmen und Stoßrichtungen der Konkurrenz kennt, kann vermeiden, dass seine Arbeitgebermarke austauschbar wird. Theoretisch sind alle Unternehmen Wettbewerber, die die gleiche Zielgruppe umwerben. Es gilt herauszufinden, bei welchen Arbeitgebern sich die Zielgruppe besonders häufig bewirbt, wohin die bestehenden Mitarbeiter abwandern, welche Arbeitgeber in der Nähe ähnliche Funktionen suchen, welche ein besonders gutes Arbeitgeberimage haben und „First Choice“ sind. Ist die Auswahl der Wettbewerber getroffen, wird deren Kommunikation recherchiert und analysiert. Was versprechen die konkurrierenden Arbeitgebermarken? Wie kommunizieren sie? Und wo kommunizieren sie?

5. Anforderung: Passend zur Marke

Um widersprüchliche Botschaften zu vermeiden und einen harmonischen Gesamteindruck zu unterstützen, sollte die Arbeitgebermarke im Einklang mit der Unternehmensmarke aufgebaut werden. Die meisten Unternehmen führen ihre Marken identitätsorientiert. Sprich: Die Markenidentität wird im Unternehmen definiert und durch Kommunikation und Verhalten der Mitarbeiter vermittelt, so dass bei der Zielgruppe ein bestimmtes Markenimage entsteht. Im Rahmen der Markenanalyse werden daher folgende Aspekte analysiert: das Selbstverständnis der Marke, welches sich meistens in einem Markenmodell wiederfindet, die Kommunikationsmaßnahmen (Werbung, Website, Social Media etc.) und das Fremdbild der Marke. Desktop Research und eine Befragung der Markenverantwortlichen sind die Methoden, die in diesem Schritt zum Einsatz kommen.

Formulierung der EVP

Nachdem alle Analysefelder systematisch durchlaufen wurden, kann aus den gesammelten Ergebnissen die EVP abgeleitet werden. In der Praxis wird die EVP meist in Form eines rationalen oder emotionalen Nutzenversprechens formuliert (zum Beispiel „Bei uns kannst du Großes bewegen“). Als Alternative zum Nutzenversprechen kann auch ein Wert (zum Beispiel „Flexibilität“), eine Haltung (zum Beispiel „Wir glauben, Diversität ist der Schlüssel zum Erfolg“) oder eine Mission (zum Beispiel „Wir sorgen für null Emissionen auf deutschen Straßen“) verwendet werden, wenn eine hohe Attraktivität für die Zielgruppe und eine Differenzierung zum Wettbewerb gegeben sind.

Malte Fischer leitet seit 2016 als Executive Strategy Director die Unit für Employer Branding bei Scholz & Friends in Berlin. Zuvor war er bereits 15 Jahre als Markenstratege tätig, zuletzt verantwortete er am Berliner Standort von Scholz & Friends die Marken- und Kommunikationsstrategien diverser nationaler und internationaler Unternehmen. Malte Fischer hat ein Studium zum Kommunikationswirt und zum Master of Arts in digitaler Kommunikation an der Universität der Künste (UdK) in Berlin absolviert.

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