StepStone verzahnt Employer Branding mit Recruiting. Was ist geplant? Ein Interview mit Vera Koltermann, Head of Employer Branding & Solutions bei StepStone Deutschland.
Heute startet StepStone das neue Angebot „Employer Branding & Solutions“ (EBS). Das Timing könnte kaum besser sein. Dank Corona, Fachkräftemangel und „Great Resignation“ ist die Arbeitgebermarke vielen Unternehmen brandwichtig geworden. Die Nachfrage nach Expertinnen und Experten in diesem Bereich steigt drastisch. „Bisher mussten HRler auf dem Weg durch die Candidate Journey ständig den Reiter wechseln“, sagt Vera Koltermann. StepStone will jetzt Employer Branding und Recruiting mit dem Ziel verbinden, eine „ganzheitliche Talent Acquisition“ liefern zu können. „Partner und Enabler“ will das Unternehmen sein. Erfahren Sie hier mehr.
„Employer Branding & Solutions“ (EBS) lautet ein zukünftiges Leistungsangebot unter dem Dach von StepStone. Was wird da passieren?
Vera Koltermann: Tatsächlich sind die Bausteine dahinter gar nicht neu. Neu ist die Art, wie wir sie miteinander verbinden. Und damit den fragmentierten Markt rund um Employer Branding wie auch Online-Recruiting erstmals zusammenführen. Wir sind damit in der Lage, Kunden von der Strategie über die Aktivierung bis zur Ausspielung einer Stellenanzeige datengestützt, passgenau und ganzheitlich zu beraten und zu unterstützen. Das können wir, weil wir mit Marken wie Universum, Studydrive und anderen alle notwendigen Expertisen unter einem Dach haben.
Bisher mussten HRler auf dem Weg durch die Candidate Journey ständig den Reiter wechseln. Da sind Bruchstellen vorprogrammiert. Außerdem stöhnt jeder Kunde, wenn er wieder mal einen Einzelvertrag mit Einkauf und Rechtsabteilung verhandeln muss. Bei uns bekommt man das jetzt aus einer Hand und damit maximal einfach und konsistent.
Employer Branding ist langfristig angelegt, Recruiting oft allzu kurzfristig. Wächst da zusammen, was zusammen gehört?
Vera Koltermann: Absolut. Ehrlich gesagt habe ich diese Trennung der beiden Bereiche nie wirklich verstanden. Denn eigentlich haben beide das gleiche Ziel: passende Kandidatinnen und Kandidaten für ein bestimmtes Unternehmen zu finden, in dem sie sich wohlfühlen und maximal leistungsfähig sein können. Employer Branding fokussiert auf das Mindset und die kulturellen Merkmale, während Recruiting auf die Stelle, die Tätigkeit schaut. Am Ende muss beides zusammenpassen. Wenn das Employer Branding schlecht ist, bekommt das Recruiting nicht genug Kandidatinnen / Kandidaten. Wenn das Recruiting schlecht ist, ist der Invest in die Employer Brand zum Fenster hinausgeworfen.
Es braucht für eine erfolgreiche Arbeitgebermarke eine optimale Balance von Branding und Performance, Emotionalität und Fakten, Herz und Kopf. Bisher gab es häufig diese Trennung: Employer Branding verkörpert die eine Seite, Recruiting die andere – anstatt sich wechselseitig zu befruchten. Und genau da setzen wir an.
StepStone will mit dem neuen Angebot eine „ganzheitliche Talent Acquisition“ ermöglichen, eine „bruchfreie Candidate Journey“. Full Service also. Das ist ein hoher Anspruch. Nun ist für eine erfolgreiche Candidate Journey auch das suchende Unternehmen zuständig. Wie gestalten Sie die Zusammenarbeit, damit das gesichert ist?
Vera Koltermann: Auf unserer Seite haben wir eine/n feste/n Account Manager/in, der oder die Haupt-Ansprechperson für alle Belange ist. Diese Person ist das Ohr und Auge des Kunden. Sie antizipiert, wann welche Expertise benötigt wird und zieht sie zum richtigen Zeitpunkt hinzu. Auf der anderen Seite arbeiten wir in sogenannten Portfolio-Teams mit den Account Managerinnen /-Manager unseres Teams und dem Online-Recruiting, also dem klassischen StepStone Geschäft, im Tandem. So stellen wir sicher, dass wir immer beide Perspektiven im Blick haben und können Bruchstellen im Prozess frühzeitig erkennen.
Das führt dann in der Regel dazu, dass auch der Kunde sein Team erweitert und automatisch ebenfalls beide Seiten an einen Tisch holt. Das ist immer ein unheimlicher Aha-Effekt, wenn die Scheuklappen wegfallen und plötzlich Bereiche auf Kundenseite zusammenwachsen, die vorher in Silos gearbeitet haben. Insofern sind wir nicht nur Beratende, sondern oft auch Facilitators, was die Transformation innerhalb des HR-Bereichs beim Kunden angeht.
Sie bieten zukünftig auch Contenterstellung im Employer Branding. Was ist darunter zu verstehen? Machen Sie den großen Werbeagenturen Konkurrenz?
Vera Koltermann: Es ist nicht neu, dass wir das anbieten. Neu ist, dass wir das unter einem Dach und der Marke StepStone verzahnt tun. Wir machen schon lange Podcasts, Videos oder Landingpages, um Arbeitskultur erlebbar zu machen – und zwar vom Konzept über Produktion bis zur Ausspielung. Es war bis vor Kurzem nur nicht unmittelbar an die Entwicklung der Arbeitgebermarke von zum Beispiel Universum angebunden.
Universum ist ja eine international tätige, langjährige Beratung für Employer-Branding-Strategie, Aktivierung und Analyse. Da werden seit über 20 Jahren Strategien und Kampagnen erstellt. Auch das ist nicht neu, nur verzahnen wir diese Expertise nun noch deutlich stärker. Durch die Integration aller Marken, Produkte und Expertisen in einem gemeinsamen Geschäftsfeld können wir Personalverantwortliche nun viel ganzheitlicher, strategischer und nachhaltiger betreuen, und das eben aus einer Hand. Das gibt es so nirgendwo anders.
Employer Branding & Recruiting für Studierende werden Sie ebenfalls im Angebot haben. Warum die Hervorhebung dieser spezifischen Zielgruppe?
Vera Koltermann: Weil unsere Kunden diese Zielgruppe häufig gesondert ansprechen, Stichwort Hochschulmarketing. Dafür wünschen sie sich Expertinnen und Experten, die in dieser Landschaft und mit dem Mindset der Zielgruppe bestmöglich vertraut und vernetzt sind. Mit den Produkten und Expertinnen und Experten von Studydrive können wir Studierende gezielter und ohne Streuverlust da erreichen, wo sie sind, und Arbeitskulturen frühzeitig erlebbar machen.
Ebenso wird die Nachwuchsrekrutierung immer wichtiger. Eben, weil der Fachkräftemangel so zugenommen hat, müssen sich Unternehmen immer frühzeitiger darum bemühen, in das Relevant Set der Kandidatinnen und Kandidaten zu kommen. Und gerade die nachwachsende Zielgruppe der GEN Z will halt auch besonders angesprochen werden und MEHR wissen über ihren potenziellen, zukünftigen Arbeitgeber als die reinen Hygienefaktoren.
Wo würden Sie den zukünftig größten Bedarf sehen, den Sie mit EBS decken können? Wen möchten Sie mit diesem Angebot ansprechen?
Vera Koltermann: Da sich die Spirale des Fachkräftemangels noch verstärken wird, ist die Suche nach neuen Lösungen notwendig für jedes Unternehmen, das in Zukunft erfolgreich Talente für sich gewinnen will. Insofern möchte ich niemanden ausschließen, sondern im Gegenteil, appellieren, nicht länger zu warten. Die Welt da draußen ändert sich rasant. Viele Unternehmen haben das verstanden und unser integrierter Angang trifft auf großen Zuspruch bei unseren Kunden. Aber noch immer zaudern und zögern gerade die KMUs.
Dabei müssten die besonders loslegen, denn Employer Branding wird mehr und mehr selbst zum Hygienefaktor. Kandidatinnen und Kandidaten erwarten heutzutage eine gut gemachte Karriereseite, bewegte Bilder, echte Geschichten von Mitarbeitenden und einen einfachen Recruitingprozess, der sie schnell entscheidungskompetent macht in der Auswahl für oder gegen einen Arbeitgeber. Wer jetzt nicht loslegt und investiert, wird den Anschluss verpassen, wenn es darum geht, passende Menschen für sich und die eigene Organisation zu gewinnen.
Wie gehen Sie vor, um „Employer Branding & Solutions“ im Markt zu etablieren?
Vera Koltermann: Wir haben im letzten Jahr die Strukturen und Prozess geschaffen, um ganzheitliche Talent Acquisition liefern zu können. Nun gehen wir raus mit einer breit angelegten Kampagne, die neben unserem umfangreichen Leistungsangebot vor allem auch unsere Philosophie transportiert: Wir denken Employer Branding und Recruiting neu und sind Impulsgeber in den Markt, neue Wege zu gehen. Und das wollen wir zeigen. Auf Events, in virtuellen Workshops, durch Referenz Cases, aber auch dialogorientierte Live-Streams mit wechselnden Gästen aus der Community. Kurzum: Wir wollen nicht nur uns mehr öffnen, sondern auch den Diskurs.
Unternehmen fanden Employer Branding schon immer wichtig, setzen es aber allzu selten konsequent und professionell um. Wie wollen Sie ihre potenziellen Klienten überzeugen, in mehr als nur das Schalten von Stellenanzeigen zu investieren?
Vera Koltermann: Ich kann nicht immer nur am Ende des Recruitingfunnels an der Performanceschraube drehen – im Coaching würde man sagen „mehr des Gleichen tun“ – und andere Ergebnisse erwarten. Wenn der Inhalt, die Botschaft, wofür ich als Arbeitgeber stehe und warum man zu mir kommen sollte (und wer ggf. nicht zu mir passt) nicht formuliert wird, und zwar von mir als Unternehmen, dann wird auch kein/e Kandidat/in diese Frage für sich beantworten können. Wenn ich in Employer Branding investiere, wird meine Stellenanzeige deutlich bessere Ergebnisse erzielen. Deshalb sind wir die perfekte Ergänzung zum E-Recruiting.
Eine brandaktuelle Frage: In Deutschland ist das Interesse an einem Arbeitgeberwechsel hoch. Mitte Januar gab es auf StepStone 53 Prozent mehr Jobsuchanfragen als im Tagesdurchschnitt des vergangenen Jahres. Zudem lag die Zahl der offenen Stellen Anfang Januar 97 Prozent über der vom Vorjahreszeitraum. Was können Unternehmen jetzt tun? Hilft Employer Branding da noch – und wenn ja, wie schnell?
Vera Koltermann: Die Entwicklung zeigt, wie groß der Schmerz im Arbeitsmarkt ist. Unser CEO Sebastian Dettmers hat zuletzt den Begriff der Arbeiterlosigkeit geprägt. Ich finde, das bringt es perfekt auf den Punkt. Um die heraufziehenden Herausforderungen zu meistern, müssen Unternehmen in die gesamte Candidate Journey investieren. Es wird immer wichtiger, Recruiting und Employer Branding miteinander zu vernetzen und mehrere Spielbeine zu haben. Genau deshalb gibt es uns. Und um zum Tun zu kommen: Häufig sind Unternehmen in einer Art Freeze-Modus oder im blinden Aktionismus.
Wir unterstützen unsere Kunden dabei, sowohl kurz- als auch langfristige Planungen aufzusetzen und begreifen uns selbst in der Rolle als strategischer Partner oder Enabler. Denn der größte Bedarf in den Erstgesprächen ist fast immer entweder ein fehlendes gemeinsames Zielbild innerhalb des Unternehmens oder eine mangelnde Priorisierung der vielen Möglichkeiten. Wir schneiden den Elefant in Scheiben, geben Orientierung und entwickeln auf den Kunden zugeschnittene Lösungen. Nur so entsteht eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe.
Immer noch setzen viele Unternehmen allein auf Recruiting. Der Jobmarkt für Expertinnen und Experten in diesem Bereich boomt. Was würden Sie den Unternehmen sagen?
Vera Koltermann: Es ist erst einmal nicht verwerflich, gute Recruiterinnen / Recruiter einzustellen. 😉 Aber es ist eben nur die eine Seite der Medaille. Und das merken mehr und mehr Unternehmen. Es entstehen bei unseren Kunden zunehmend Talent-Acquisition-Abteilungen, die Employer Branding & Recruiting integrieren. Damit das gut funktioniert, braucht es die richtigen Menschen. Nämlich solche, die Lust haben, über den eigenen Tellerrand hinauszublicken, die in Integration eher Chance als Verlust sehen und die einfach neue Wege gehen wollen.
Klassische Recruiterinnen und Recruiter, die nur auf ihr eigenes Spielfeld schauen, haben ausgedient. Letztlich ist das aber eine sehr allgemeine Erkenntnis, die sich auf verschiedenste Tätigkeiten übertragen lässt. Verbinden, netzwerken, gemeinsam neue Wege einschlagen, gestalten statt verwalten, das ist das Mindset, das wir heute brauchen, nicht nur, aber auch im HR-Bereich. Wir möchten mit Employer Branding & Solutions einen Beitrag dazu leisten, dass dieses Mindset insgesamt mehr gelebt wird.
Das Gespräch führte Helge Weinberg, Herausgeber HR JOURNAL.
Vera Koltermann ist Head of Employer Branding & Solutions bei StepStone. Als Employer-Branding-Expertin berät Vera Koltermann seit vielen Jahren nationale und internationale Kund*innen auf ihrem Weg zu einer starken Arbeitgebermarke. Mit ihrem Team bei StepStone verbindet sie Employer Branding & Recruiting ganzheitlich und interdisziplinär.