Was HR bei Blended Coaching beachten sollte

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Blended Coaching gehört die Zukunft, sagt Alexander Brungs, Vorstand Deutscher Coaching Verband. Was bedeutet dieser Trend konkret für HR-Abteilungen?

Arbeiten im Homeoffice, ein virtueller Messebesuch, Online-Tasting-Events – digital geht also doch! Viele Formate, die wir uns lange Zeit eher nicht in virtueller Form vorstellen wollten, sind in der Corona-Zeit beinahe zur Selbstverständlichkeit geworden, gab es doch im Lockdown oft nur den völligen Verzicht als Alternative.

Die Krise als Innovationsbeschleuniger für Coaching?

Auch im Coaching wurde der Griff zum Headset ganz alltäglich – sowohl für die Coaches als auch deren Klientinnen und Klienten, die sogenannten Coachees. Mit den aktuellen Lockerungen der Corona-Regeln und dem deutlich spürbaren Hunger der Menschen nach „echten“ Begegnungen stellt sich nun die Frage, welche Coachingform im „New Normal“ langfristig das Rennen machen könnte: Wird das Online-Coaching das Präsenzcoaching endgültig verdrängen?

Unter den Rahmenbedingungen der Corona-Pandemie dominierte wie in vielen anderen Wirtschaftsbereichen auch in der Coaching-Branche der Themenkomplex ‚Digitalisierung’ den Fokus der Aufmerksamkeit. Infolgedessen wird viel darüber diskutiert, ob die Krise hinsichtlich Digitalisierung und Virtualisierung für Coaching zum Innovationsbeschleuniger wurde. Vor dem Hintergrund eines erzwungenen „Social Distancing“ stellte sich Online-Coaching über Monate hinweg als Hoffnungsträger dar, der schnelle Hilfe für Coachees in Problemsituationen ermöglicht – auch oder gerade in Krisenzeiten, die kaum Gelegenheit zur persönlichen Begegnung bieten.

Online-Coaching unter die Lupe genommen

Doch reicht der Erfolg von Online-Coaching im Rahmen einer Ausnahmesituation – also gewissermaßen unter „Laborbedingungen“ – aus, um das Präsenzcoaching endgültig zu verdrängen? Generell gilt: Coaching ist in unterschiedlichen Szenarien und Formaten durchführbar, so beispielsweise als Einzel- oder Gruppencoaching. Online- beziehungsweise virtuelles Coaching eignet sich für viele Ausgangssituationen und Fragestellungen und bietet zwei entscheidende Vorteile: Niedrigschwellige Einstiegsbedingungen und eine sehr große Flexibilität in räumlicher und zeitlicher Hinsicht. Wichtig ist es, den datenschutzrechtlichen Vorgaben der DSGVO zu entsprechen, was für Mitglieder seriöser Verbände wie des Deutschen Coaching Verbands (DCV) eine selbstverständliche Vorgabe ist.

Blended Coaching bedient unterschiedliche Bedürfnisse und Coaching-Stadien

Allerdings führt Online-Coaching nicht in jedem Fall und nicht jede Thematik betreffend zu einem befriedigenden Ergebnis. Der Grund: Coaching berührt zwischenmenschliche Interaktion in ihrer gesamten Bandbreite, also in allen lebens- und arbeitsweltlichen Verhaltens- und Wahrnehmungsdimensionen. Demnach wird Präsenzcoaching auch in Zukunft relevant bleiben. Online-Coaching hingegen wird im Rahmen eines Coaching-Prozesses vor allem aufschließende und unterstützende Funktion gewinnen – wie etwa für schnelle Kontaktaufnahme in einer Krisensituation, regelmäßige Updates zur Reflexion oder Anpassung konkreter Arbeitsschritte und Übungen. Der Ressourcenaufwand für den virtuellen Abgleich ist vertretbar, während Präsenztreffen mit Anfahrtswegen und entsprechendem Zeitaufwand kaum sinnvoll durchführbar wären.

Das Zusammenspiel zwischen Präsenztreffen und Online-Updates im Coaching lässt sich am Bild eines Gesundheits-Checks einprägsam verdeutlichen: Für eine nicht bloß oberflächliche Anamnese, gegebenenfalls Diagnostik und Planung therapeutischer Maßnahmen ist eine persönliche Vorstellung bei Arzt oder Ärztin unerlässlich. Zur weiteren Beobachtung sowie Durchführung und Protokollierung von Maßnahmen können regelmäßige Telefon- oder Videogespräche sehr zielführend sein. Die Nachkontrolle, Evaluierung und Anpassung von Maßnahmeplänen erfolgen dann in Regel wiederum in Präsenz. Auch bei den meisten Coachingprozessen wird das reine Online-Format die Ausnahme bleiben. Wir werden in Zukunft vielmehr eine Zunahme von hybriden Formaten wie dem Blended Coaching, die Präsenz- und virtuelle Formate kombinieren, beobachten können.

Was HR-Abteilungen beachten sollten

Was bedeutet der Trend hin zu Blended Coaching konkret für HR-Abteilungen? Zum einen sollte es hinsichtlich des Formates kein „entweder – oder“ geben, sondern vielmehr flexible Lösungen, die es ermöglichen, die Situation und Bedürfnisse der zu coachenden Mitarbeitenden mit zu berücksichtigen, so beispielsweise die Arbeitssituation, Lebensphase, Wohnort, Anfahrtswege und ganz persönliche Vorlieben. Sofern es die Rahmenbedingungen zulassen, empfiehlt es sich, zumindest für den Kick-off, gegebenenfalls für wichtige Rückspiegelungsgespräche oder auch das Abschlussgespräch, Präsenztreffen vorzusehen oder zumindest anzubieten. Reine Online-Anbieter ermöglichen also von vornherein nur Zugriff auf einen Teil des Werkzeugkastens – und darin können dann ausgerechnet die im konkreten Fall erforderlichen Instrumente fehlen.

Zum anderen gilt es bei der Auswahl von Coaching-Anbietern darauf zu achten, welche technisch-medialen Fähigkeiten und vor allem welche methodisch-didaktischen Kompetenzen im Online-Bereich geboten werden – die Ausstattung mit der notwendigen Infrastruktur natürlich vorausgesetzt. Die Wahl der Software beziehungsweise der virtuellen Tools und der Kommunikationskanäle sollte eine gewisse Bandbreite aufweisen, aber nicht beliebig sein.

In jedem Falle sollte unbedingt Konformität zu den gültigen Datenschutznormen belegt werden können – die Vertraulichkeit ist auch online wesentliche Grundlage einer jeden Coaching-Beziehung. Können Sie durchgängig nachvollziehen, was mit Ihren im Laufe des gesamten Vorgangs ausgetauschten Daten geschieht? Gute Online-Coaches müssen allerdings keine Tech-Nerds oder IT-Freaks sein. Sie zeichnet vielmehr die Fähigkeit aus, trotz fehlender realer Begegnung Nähe aufzubauen und eine vertrauensvolle Basis zu gewährleisten. Hier gibt es viele Coaches, die kreative Lösungswege gehen.

In Bereichen, für die reines Online-Coaching in Frage kommt, ist bei der Coach-Auswahl jedoch besondere Vorsicht geboten. Hier haben es findige, selbsternannte Coaches sehr leicht, trotz mangelnder Qualifikation und möglicherweise wenig ehrbarer Absichten seriös und glaubwürdig zu wirken. Konnte in Deutschland bislang schon jede Person als ‚Coach‘ auftreten, ohne dafür gesetzliche Vorgaben zu erfüllen – ‚Coach‘ ist keine geschützte Berufsbezeichnung – bedarf es in der virtuellen Welt auch keines nennenswerten Aufwandes mehr, um eine leistungsfähige Infrastruktur und einen vertrauenswürdigen persönlichen Hintergrund zu suggerieren. Jeder und jede mit simplen Marketing-Kenntnissen kann vergleichsweise leicht eine smarte Web-Präsenz und „Qualitäts-Siegel“ entwerfen.

Deshalb sollten vor dem Einkauf einer Coaching-Dienstleistung beziehungsweise dem Abschluss eines Vertrages verlässliche Informationen zur Coaching-Ausbildung und zur Professionalität des Anbieters eingeholt werden. Orientierung und Sicherheit verbürgen die Zertifikate anerkannter Coachingverbände wie beispielsweise das DCV Zertifikat. Damit werden der Nachweis relevanter Kompetenzen und die Verpflichtung auf nachvollziehbare Standards durch eine Ausbildungs- und Anbieter-unabhängige Instanz sichergestellt.

Hybride Mischformen werden sich durchsetzen

Zusammenfassend können wir sagen, dass unter den Bedingungen der Pandemie die Akzeptanz für Online-Coaching gestiegen ist und auch dessen Stärken erkannt wurden. Da jedoch in bestimmten Situationen ein Präsenzcoaching nicht zu ersetzen ist, werden sich auf längere Sicht hybride Formate wie Blended Coaching durchsetzen. Beim Einkauf der Leistung sollten HR-Abteilungen besonderes Augenmerk darauf legen, dass die Coaches einschlägige Kompetenzen für das Online-Coaching mitbringen, wofür das Zertifikat eines anerkannten Berufsverbandes wie des DCV guten Anhalt geben kann.

Foto Dr. Alexander Brungs

Dr. Alexander Brungs ist seit 2010 als Coach tätig und seit 2016 Vorstand im Deutschen Coaching Verband e.V. (DCV). Diesen repräsentiert er auch im Roundtable Coaching e.V. (RTC). Nach seinem Studium in Göttingen, Erlangen und Rom war Brungs an mehreren internationalen Forschungsprojekten beteiligt und unterrichtete an verschiedenen Universitäten in Deutschland und der Schweiz im Fach Philosophie. Neben dem Einsatz als Coach ist er derzeit auch Projektmitarbeiter an der Professur für Neuere Geschichte (deutsch-jüdische Geschichte) der Universität Potsdam.

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