Terminknigge, Online-Whiteboard: Agil die Krise meistern

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Hilfe oder Hindernis? Wie bewähren sich agile Prozesse bei Remote Teams? Hilde van der Pijl von Yello berichtet aus der Praxis.

Post-its, Whiteboard, 15 Minuten Austausch im Stehen: So startete bis März in der Regel der Tag mit meinem Team. Also mit den Methoden, die uns sofort in den Sinn kommen, wenn wir an agiles Arbeiten denken. Dann kam Corona und mit der Pandemie das Homeoffice sowie all die damit verbundenen Veränderungen.

Aber unser Tag fängt immer noch so an: 15 Minuten Austausch – wer mag im Stehen, ein Online-Whiteboard, virtuelle Zettel. Wir sind nicht mehr im selben Raum, das ist der einzige wesentliche Unterschied. Jedoch auch keine Unbekannte. Es gab bei Yello schon vorher unterschiedliche Dailys. Manchmal haben wir hybrid gearbeitet und einige Teammitglieder haben sich remote zugeschaltet.

Kontinuität hilft in der Krise. In einer Zeit mit derart vielen beruflichen wie privaten Unsicherheiten macht sie es möglich, dass wir handlungs- und arbeitsfähig bleiben. Und eine solche Kontinuität war bei Yello möglich, weil wir schon lange weitgehend agil arbeiten. Wir können uns an Methoden halten, die sich – anders als man vielleicht denkt – problemlos ins Digitale und in die gesamte Homeoffice-Situation übertragen lassen.

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Struktur schafft Sicherheit

Warum unsere agile Zusammenarbeit in den letzten Monaten so gut funktioniert hat? Zunächst, weil agiles Arbeiten sehr strukturiert abläuft. Es bietet mit regelmäßigen Ritualen und Haltepunkten Orientierung im Alltag. Der beschriebene morgendliche Check-in ist ein gutes Beispiel. Viele unserer Teams haben in den letzten Monaten zusätzlich einen täglichen oder wöchentlichen virtuellen Check-out eingeführt, um den Arbeitstag oder die Woche zu beenden. Das hilft, eine Trennlinie zwischen Job und Freizeit zu ziehen und die Work-Life-Balance zu wahren. Denn physische Grenzen, wie sonst etwa das Verlassen des Büros, verschwinden.

Hinzu kommt: Haptische Hilfsmittel oder Abläufe mit persönlichem Austausch gehören zwar zum agilen Werkzeugset, sie machen die Methoden aber nicht aus. Es kommt auf die Haltung, auf ein agiles Mindset an. Auf ein vertrauensvolles Führen und ergebnisorientiertes Arbeiten. Es geht um kleine Schritte, um schnelles Ausprobieren, immer entlang der Fragestellung, welchen Wert wir für Kunden schaffen können. Dank dieser Arbeitsweise können wir der Krise gut begegnen. Das bestätigen Stimmungsbildabfragen und das Feedback der Mitarbeiter.

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Wer agil arbeitet, ist es gewohnt, auf neue, unbekannte und sich immer wieder verändernde Anforderungen, wie sie jetzt die Pandemie in besonderem Maße stellt, flexibel zu reagieren. Unsere Arbeitsweisen haben bei Yello über Jahre Neugier und Offenheit gefördert. Anpassungsfähigkeit und der Mut zur Veränderung gehören zu unserer Unternehmenskultur. Unsere Teams und jeder Einzelne arbeiten selbstorganisiert, wir setzen nicht auf Kontrolle, sondern führen vertrauensbasiert. Das sind gleichzeitig wichtige Werte für uns – und für die Zusammenarbeit über Distanz im Homeoffice ganz entscheidend, zumal sie uns noch über Monate begleiten wird.

Passende Tools und Transparenz sind Grundvoraussetzung

Das alles funktioniert dank der passenden technischen Ausstattung sowie leistungsstarken Tools für Kollaboration und Kreativität. Als Teil des EnBW-Konzerns hatten wir gute Voraussetzungen. Unsere Kommunikation, Chats und Videocalls laufen über Teams. Mit Azure DevOps planen und steuern wir kollaborativ unsere Themen. Außerdem haben wir uns für Conceptboard entschieden. Das hilft uns, mit Arbeitsmitteln wie dem virtuellen Whiteboard auch remote komplexe Prozesse sinnvoll und übersichtlich zu visualisieren. Positiver Nebeneffekt: Die Massen an Post-its sind obsolet. Wir arbeiten dank virtueller Lösungen ressourcenschonend und deutlich nachhaltiger.

Was fehlt, sind die kurzen, fachlichen Gespräche über den Schreibtisch hinweg, der schnelle Austausch auf dem Gang. Das führt zu einer Vielzahl zusätzlicher Termine, die den konzentrierten Arbeitsfluss stören. Dem wirken wir nun mit einem Terminknigge entgegen – dennoch bleibt hier weiterhin Luft nach oben. Der zweite Aspekt, der leidet, ist das Soziale. Das informelle, zufällige Miteinander unter den Kolleginnen und Kollegen fehlt, ebenso wie Events, die das „gelbe Zugehörigkeitsgefühl“ stärken. Das können wir auffangen, aber nicht ersetzen. Wir haben viele Maßnahmen etabliert – angefangen damit, dass wir in den Check-ins viel mehr darüber sprechen, wie es uns geht.

Wir kommunizieren so viel wie möglich, animieren die Kollegen zum Austausch – gerne auch zu privaten Aktivitäten; vor kurzem fand ein erstes virtuelles Pub-Quiz statt. Wir haben wöchentliche Jour-Fixes mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wir appellieren, dass jeder und jede einzelne selbstachtsam bleiben möge und bieten die passenden Rahmenbedingungen – etwa mit einer festen Mittagspause, in der es keine Meetings und keine Anrufe gibt. Sondern Zeit für Essen, Familie oder einen Spaziergang. Damit gewinnt der Tag Struktur.

Mit kleinen Schritten in die Zukunft

Corona ist in vielen anderen Unternehmen nun ein Auslöser für agiles Arbeiten. Der Bedarf steigt – besonders in der Hinsicht wie wir sicher mit Unsicherheit umgehen können. In vielen Betrieben haben die letzten Monate zudem Nachholbedarf in puncto digitale Ausstattung und vertrauensbasiertes Führen offenbart. Bei Yello sind wir hier einen Schritt weiter: Wir haben erlebt, dass sich unsere Arbeitsweise bewährt. Und gesehen, dass Erfolg und Leistung nichts damit zu tun haben, wann und wie lange man in einem Bürogebäude an einem Schreibtisch sitzt. Dass es funktioniert, wenn wir als Unternehmen einen Rahmen gestalten, Ziele definieren und dann Gestaltungsspielraum lassen. Das ist für mich die wichtigste Lehre aus den vergangenen Monaten.

Daran knüpfen wir an, wenn wir nun unser Neues Normal gestalten. Aktuell stehen wir vor vielen Fragen: Wann und wie werden wir wieder vor Ort arbeiten? Wie müssen unsere Meetingräume für hybrides agiles Arbeiten optimal ausgestattet sein? Unsere Mitarbeiterbefragungen zeigen, dass sich unsere Standorte mehr in Meetingorte verwandeln sollten, mit Räumen für Kreativität und Miteinander, in denen aber nicht mehr die konzentrierte Arbeit des Einzelnen im Fokus steht. Dafür bleiben wir auch mit und nach Corona im Homeoffice.

Hilde van der Pijl ist agiler Business Coach bei Yello Strom in Köln und überzeugt von den Möglichkeiten der virtuellen Zusammenarbeit. In Deutschland sieht die gebürtige Niederländerin im Vergleich zu ihrer Heimat noch digitalen Nachholbedarf, unter anderem im Mittelstand aber auch in öffentlichen Bereichen wir dem Bildungssektor. Nach einem halben Jahr virtueller Kommunikation im Homeoffice hat sie kürzlich erstmals wieder einige Kollegen getroffen. „Solche persönlichen Begegnungen ersetzen auch die besten digitalen Hilfsmittel nicht.“

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