Niemals mehr Vollzeit im Büro?

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Das war es mit der 5-Tage-Woche im Büro, zumindest bei Unilever. Deutsche Unternehmen stemmen sich noch gegen Veränderungen. Wo stehen wir gerade?

150.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat der Konsumgüter-Konzern Unilever mit Hauptsitz in London, davon rund 5.000 in Deutschland. Sofern sie nicht in der Produktion arbeiten, werden viele davon ihr Büro nicht mehr so oft sehen. Er ginge davon aus, dass Angestellte des Unternehmens nie wieder fünf Tage in der Woche im Büro sein werden, meinte Unilever-CEO Alan Jope auf einer Veranstaltung von Reuters. Dieses Modell scheine jetzt „sehr altmodisch zu sein.“

Arbeitsort ist kein Leistungskriterium

Das HR JOURNAL hatte dazu die Pressestelle von Unilever Deutschland kontaktiert. Hier kommt die Antwort:

Homeoffice gehört für uns schon seit Jahren zur gelebten Praxis und ist allseits und über alle Ebenen hinweg akzeptiert. Für uns gehört dies zum Ansatz von flexiblem Arbeiten und dem Verständnis, dass der Arbeitsort kein Leistungskriterium ist.

Auch wir beschäftigen uns aktuell mit dem „New Normal“ und dazu gehört der Ansatz, nicht mehr davon auszugehen, dass Mann/Frau 5 Tage im Büro ist.

Hier geht es darum kluge Ansätze zu entwickeln, wie dies in den Arbeitsalltag eingebunden werden kann und zu definieren, wofür wir zukünftig ins Büro gehen und welche Tätigkeiten wir eher im Homeoffice ausführen werden. Zudem fragen wir unsere Mitarbeiter/innen auch nach ihren eigenen Präferenzen bezüglich Arbeiten im „New Normal“, auch hier zeigt sich der Trend hin zu mehr Homeoffice.

Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

Folgt man einem Bericht im ZDF, dann sehen das viele deutsche Unternehmen ganz anders. Sie halten an der Präsenzpflicht fest, koste es was es wolle. Wer ins Homeoffice gehen will, dem kann sogar die Kündigung drohen. Wie sich eine Blockadehaltung der Unternehmen zur jetzigen Zeit mit der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers vereinbaren lässt, das vermag der Verfasser dieses Kommentars nicht zu beurteilen. Zitat Kathleen Kunst, Fachanwältin für Arbeitsrecht, bei Haufe.de: „Im Rahmen seiner allgemeinen Fürsorgepflicht muss der Arbeitgeber bei Ausübung seiner Rechte das Wohl und die berechtigten Interessen der Arbeitnehmer berücksichtigen, die Entstehung eines Schadens beim Arbeitnehmer verhindern, aber auch dessen Würde und Persönlichkeit achten.“ Auf den ersten Blick sieht es so aus, dass das krampfhafte Festhalten an Traditionen „weil das immer so war“ oder „weil die Leute zu Hause nicht richtig arbeiten“ dieser Fürsorgepflicht nicht ganz gerecht wird. Aber der Verfasser ist kein Jurist.

Ja/Nein/Vielleicht: Für immer zu Hause arbeiten?

Die Pandemie hat das Arbeitsleben verändert, auch wenn das manche Chefinnen und Chefs noch nicht wahrhaben wollen. Gibt es einen Weg zurück, weil sie das gerne so hätten? Können Unternehmen so tun, als wäre nichts gewesen? Hatten wir nicht schon vor Corona die Diskussion über New Work? Steht also jetzt endlich in Aussicht, das zu machen, „was wir wirklich, wirklich tun wollen“ (Frithjof Bergmann)? Haben wir jetzt die Chance, alle Karten neu zu mischen?

Corona-Zwangs-Homeoffice: Der Kampf ums Überleben

Es gibt viele Menschen, die nicht gerne ausschließlich im Homeoffice arbeiten. Dafür gibt es sehr gute Gründe. Viele vermissen den sozialen Kontakt. Sehr viele haben kein Homeoffice, das es wert ist, also solches bezeichnet zu werden. Was jetzt in deutschen Familien abläuft in Sachen Homeschooling in Kombination mit Homeoffice beschreiben Betroffene in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu Recht als „Kampf ums Überleben“. Für diese Menschen, und für viele andere auch, wäre die Rückkehr in das bisherige Leben eine Erlösung. Dafür würden sie wohl auch vieles in Kauf nehmen, auch Chefs, die sich Veränderungen gegenüber resistent zeigen.

Dann gibt es das Konzept des unbegrenzt remote arbeitenden Unternehmens. Der Konzern Atlassian bietet seinen Mitarbeitern an, auch nach dem Ende der Pandemie unbegrenzt im Homeoffice zu bleiben. Twitter entlässt die Belegschaft „für immer“ ins Homeoffice. Ist das auf die Dauer wirklich sinnvoll? Wie kann sich ein Unternehmen auf eine solche Herausforderung vorbereiten? Oder klappt so ein Modell nur bei „Techies“?

Alan Jope sagt im Guardian, dass man eine „langsame Erosion des sozialen Kapitals“ beobachtet habe, da die Arbeit von zu Hause aus die Kollegen daran hindere, sich persönlich zu treffen. Die Diskussion ist eröffnet und der sich wie Kaugummi ziehende Lockdown kann sie nur verzögern.

Ein echtes Arbeiten im Homeoffice bedarf einer sorgfältigen Vorbereitung im Unternehmen und bei den Arbeitnehmern. Und damit ist nicht nur eine funktionierende Breitbandverbindung gemeint. Der Trend geht in Richtung „Hybridmodelle“ – also eine Koexistenz von Büro und Homeoffice.

Das Ende der „Schönwetter-Kapitäne“

Dieser und andere Trends haben jede Menge Implikationen für die Führung der Unternehmen. Jetzt geht es darum, in einer von Unsicherheit gekennzeichneten Gesamtsituation sich als Leader zu beweisen. Orientierung zu geben, zu kommunizieren, andere Menschen mitzunehmen – und nicht zuletzt Entscheidungen zu treffen.

Könnte es sein, dass sich viele Chefs damit schwer tun und deshalb in eine Blockadehaltung verfallen? Starke Leader, die klare Orientierung geben, statt „Schönwetter-Kapitäne“ sind heute gefragt, sagt Jörg Kasten, Chairman der Boyden World Corporation, in einem Beitrag im HR JOURNAL. Ein einfaches „Weiter so“ oder ein „Verwalten des Erreichten“ könne es nicht geben. Er hat Recht.

Ein Drittel der Mitarbeiter will wechseln

Deutsche Chefinnen und Chefs sollten sich gut überlegen, wie sie ihren Mitarbeitern entgegen kommen können. Employer Branding ist nicht mit dem Lockdown gestorben. Die Menschen informieren sich über Jobchancen – und Unternehmen, die ihre Verantwortung als Arbeitgeber wahrnehmen. Mehr als ein Drittel der Arbeitnehmer überlegt sich, nach dem Ende der Krise den Job zu wechseln, so eine Umfrage von Xing E-Recruiting. Wer jetzt seinen Angestellten ohne Not das Leben schwer macht, darf nachher viel Geld für Jobbörsen und Personalberater bezahlen. Es gibt auch moralische Aspekte: In einer Notlage sollte die Gesellschaft zusammenhalten. Flexibilität ist gefordert, auch von den Unternehmen.

4-Tage-Woche bei voller Bezahlung?

Während in Deutschland so manche Chefs noch mit dem Homeoffice hadern, ist Unilever schon einige Schritte weiter. Hier geht es nicht mehr um Homeoffice versus Präsenzoffice, sondern um die „Art der Arbeit“. Die will das Unternehmen verändern. Bei Unilever New Zealand werden zukünftig alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vier Tage die Woche arbeiten, bekommen aber fünf Tage bezahlt. Naiv? Kann sich so etwas nur ein Konzern leisten? Für das Unternehmen ist es ein Experiment, das für ein Jahr auslegt ist. Dann wird überlegt, ob sich ein solches Modell für den gesamten Konzern empfehlen würde. Nun ist es eine Sache, für 81 Mitarbeiter im fernen Neuseeland eine solche Regelung zu treffen. Eine andere ist es, dies für 150.000 Mitarbeiter zu tun. Es bleibt spannend.

Der Konzern bewegt sich erkennbar, probiert sich aus. Ein Ansatz, der sich auch deutschen Unternehmen anbieten würde. Unilever steht mit seinen Experimenten nicht allein. Und: Wenn ein solcher Player im Markt grundlegende Veränderungen einführt, dann werden andere mitziehen müssen.

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