Frank Hensgens: Die Rezession ist eine riesige Chance fürs Recruiting

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Demografischer Wandel, Fachkräftemangel, Rezession – und das alles in Zeiten einer digitalen Transformation: Der Arbeitsmarkt steht vor großen Herausforderungen, die gerade HR-Abteilungen nun meistern müssen. Aber neben all diesen Problemen bietet die Situation auch Chancen für das Recruiting, findet Indeed-Chef Frank Hensgens. Welche das sind und wie seine Plattform hilft, sie zu nutzen, erklärt er im Interview.

Corona hat die Arbeitswelt von heute auf morgen komplett verändert. Heute wissen wir: Die Pandemie war erst der Anfang. Kriege, Krisen und Inflation bremsen die Wirtschaft. Künstliche Intelligenz transformiert ganze Branchen und Berufszweige. Und mittendrin: das Personalwesen. Als Schnittstelle zwischen Arbeitgeber und Angestellten ist es als Vermittler gefragt. Zugleich muss es den Fachkräftemangel lösen, der stetig größer wird – während die finanziellen Mittel im Angesicht der Rezession immer weiter schrumpfen.

Es ist also alles nicht so einfach. Aber auch nicht so schlimm, sagt Frank Hensgens. Der Geschäftsführer Indeed DACH sieht in dieser Situation für HR-Abteilungen nämlich nicht nur Probleme, sondern auch Chancen – gerade fürs Recruiting.

Künstliche Intelligenz erobert die Arbeitswelt. Fürchten Sie schon um Ihren Job?

Frank Hensgens: (lacht) Noch nicht. Aber es ist schon beeindruckend, wie schnell sich künstliche Intelligenz in der Arbeitswelt verbreitet und welche Effekte sich mit ihr einstellen. Ihre Frage ist daher nicht unbegründet: Eine aktuelle Indeed-Analyse zeigt zum Beispiel, dass ChatGPT bereits in der Lage ist, eine Vielzahl an Fähigkeiten auszuführen, die in unseren Stellenanzeigen genannt werden. Manche Berufe, wenn man sie in die einzelnen Tätigkeitsfelder herunterbricht, könnten theoretisch fast komplett von generativer KI ausgeführt werden. In der Realität sind wir von einem solchen Szenario noch weit entfernt. Aber es zeigt doch, wie groß das Potenzial der neuen Technologie ist.

Welche Folgen hat das für HR und Recruiting?

Frank Hensgens: KI ist in Wahrheit ja schon überall. Auf der Indeed Plattform ist KI schon seit Jahren und an sehr vielen Stellen im Einsatz, um den Matchingprozess zu optimieren und zu beschleunigen. Das war aber weitgehend unsichtbar für die Anwender und Anwenderinnen. Jetzt kommt die generative KI hinzu und wir können alle selbst mit der Technologie herumspielen und uns unterstützen lassen. In der HR und im Recruiting gibt es sehr offensichtliche Use Cases, in denen sie unterstützen und den Bewerbungsprozess beschleunigen kann, zum Beispiel bei der Erstellung von Stellenanzeigen und Bewerbungen.

Ein Umgang mit generativer KI ist unausweichlich. Im Kampf gegen den Fachkräftemangel etwa wird künstliche Intelligenz eine zentrale Rolle spielen. Wenn die Technologie verantwortungsvoll genutzt wird, kann sie Recruiting schneller und effizienter machen.

Fachkräftemangel ist das Stichwort. Es wird Menschen brauchen, die Technologien entwickeln. Nur sind diese Experten immer schwerer zu finden. Woran liegt das?

Frank Hensgens: Wir zählen auf unserer Plattform aktuell rund 25 Prozent mehr Stellenanzeigen als vor der Pandemie – und das trotz schwächelnder Wirtschaft. Wenn ich mir jetzt anschaue, dass bis 2036 rund 30 Prozent der Erwerbspersonen in Rente gehen, ohne dass genügend Nachwuchs nachrückt, fällt es mir leicht zu sagen: Ja, der Fachkräftemangel wird sich weiter verschärfen.

Es stimmt auch, dass gerade Experten im Technologie-Bereich sehr schwer zu finden sind. Wir sehen auch das anhand der Entwicklung der Stellenanzeigen auf der Plattform. Das liegt in erster Linie daran, dass diese Technologie-Experten eben so begehrt sind – sie suchen nicht aktiv nach Jobs, sie werden gefunden und angesprochen.

Foto Frank Hensgens
Frank Hensgens ©Simon Thon

Wenn Tech-Experten so schwer zu finden sind, wo kann nach ihnen gesucht werden?

Frank Hensgens: Ganz einfache Antwort: bei Indeed. Wir haben das ‘Tech Network’ ins Leben gerufen, um Arbeitgebern zu helfen, ihre Zielgruppe dort zu erreichen, wo sie sich aufhält. Durch Kooperationen mit der führenden Entwickler-Community Stack Overflow und weiteren Medienpartnern können wir Stellenanzeigen über Indeed hinaus in Umfeldern platzieren, in denen sich die Zielgruppe bewegt. Das erhöht die Chance einer erfolgreichen Ansprache fürs Recruiting um ein Vielfaches.

Kunden, die in der Startphase das Tech Network von Indeed bereits ausprobiert haben, erhalten in Deutschland im Schnitt mehr als ein Drittel mehr Bewerbungen. Wir bieten mit unseren deutschen Partnern eine potenzielle Reichweite von insgesamt mehr als 30 Millionen zusätzlichen Visits im Monat. Das ist gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, in denen es wichtig ist, Budgets im Recruiting besonders effektiv und effizient einzusetzen, eine gute Nachricht.

Die schwächelnde Wirtschaft dürfte Unternehmen in ihrem Recruiting allerdings eher bremsen als antreiben. Was sagen Sie diesen Unternehmen?

Frank Hensgens: Dass das ein Fehler ist. Richtig wäre das gegenteilige Verhalten. Es klingt widersprüchlich, aber die aktuelle wirtschaftliche Schwächephase ist eine Chance fürs Recruiting. Der Markt bewegt sich doch in Zyklen. Schon in 12 Monaten könnten wir uns im nächsten Aufschwung befinden und wenn sich die Wirtschaft erholt, wird auch der Wettbewerbsdruck wieder zunehmen – möglicherweise stärker als je zuvor.

Das ändert wenig daran, dass das Geld im Angesicht der schwächelnden Konjunktur derzeit knapp ist. Wie schaffen es Unternehmen, ihre Budgets effizienter einzusetzen?

Frank Hensgens: Tatsächlich ist die Kosten-Nutzen-Frage eine, mit der wir uns schon lange beschäftigen. Das Problem knapper Budgets haben wir im Zuge dessen erkannt – und eine Lösung entwickelt. Seit März zahlen Arbeitgeber bei Indeed nicht mehr für jeden Klick der Nutzer auf eine ihrer Stellenanzeige, sondern erst, wenn einer den Bewerbungsprozess mit Klick auf den ‘Bewerben’-Button startet. Daher auch der Name: Pay per started Application – PPSA. Dadurch können wir das Budget der Arbeitgeber noch effizienter und zielgerichteter einsetzen. Schließlich erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Einstellung enorm, wenn der Bewerbungsprozess erst einmal gestartet wurde.

Aber erhöht sich dadurch nicht das Risiko für Indeed? Warum sind Sie dazu bereit?

Frank Hensgens: Das ist richtig, aber wir wollen uns in wirtschaftlich schwierigen Zeiten als fairer Partner an die Seite unserer Kunden stellen. Durch den Arbeitskräftemangel wird es nicht einfacher, geeignete Bewerber zu finden. Gerade dann, wenn durch eine schwächelnde Konjunktur auf einmal weniger Budgets zur Verfügung stehen. Umso wichtiger ist es, mit Investitionen auch Ergebnisse zu erzielen.

Mit dem PPSA-Bezahlmodell lassen wir uns genau daran messen. Außerdem ist es nicht das erste Mal, dass wir ein innovatives Preismodell etablieren. Schon das Pay-per-Click-Modell (PPC) hat die Branche revolutioniert. Mit PPSA treffen wir nun auf einen Markt, der teilweise noch mit Festpreisen agiert. Davon heben wir uns noch weiter ab.

Abheben wollen Sie Ihr Angebot künftig auch für Personalvermittler. Was hat es damit auf sich?

Frank Hensgens: Uns ist aufgefallen, dass sehr viele Personaldienstleister unsere Plattform nutzen, um gutes Personal für ihre Kunden zu finden. Das freut uns natürlich – denn wenn Profis bei uns nach Fachkräften suchen, ist das ein Beleg für die Qualität unseres Angebots. Auf der anderen Seite rekrutieren diese Unternehmen natürlich in ganz anderen Größenordnungen, was sich in der Anzahl der geschalteten Stellen bemerkbar macht. Gehen sie auf Masse, torpediert das den Wettbewerb – und widerstrebt unserem Qualitätsversprechen.

Um dieses zu halten, haben wir uns entschieden, für Personalvermittler ab Mai nur noch Premium-Anzeigen zuzulassen. Das steigert insgesamt die Qualität der Anzeigen auf unserer Plattform, was ein Vorteil für Arbeitgeber und Jobsuchende gleichermaßen ist.

Der Kampf um Fachkräfte wird also in wirtschaftlich unsicheren Zeiten weitergehen. Was erwarten Sie für die Zukunft – und welchen Tipp haben Sie für Arbeitgeber?

Frank Hensgens: Es ist aktuell eine große Herausforderung für Unternehmen, dass sie gegen den Fachkräftemangel ankämpfen und gleichzeitig wegen der wirtschaftlichen Unsicherheiten sparen müssen. Dabei wird der Wettbewerb um Talente nicht nachlassen, sondern noch stärker werden. Und gewinnen werden jene Unternehmen, die langfristige Recruiting-Strategien verfolgen. Mein Tipp wäre daher, die aktuelle Situation als Chance zu begreifen, den Rotstift nicht bei HR und Recruiting anzusetzen, sondern gerade jetzt strategisch zu rekrutieren und dabei auf die Hilfe von KI zu setzen.

In Deutschland liegt der Fokus schon wieder viel zu stark auf den Sorgen und Risiken. Ja, die müssen wir auch adressieren und regeln. Aber klar ist auch, dass künstliche Intelligenz die Wirtschaft transformieren wird und dass sie uns hilft, unsere Produktivität zu steigern. In einer alternden Gesellschaft mit großen demografischen Herausforderungen ist das auch eine riesige Chance.

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Foto Frank Hensgens

Frank Hensgens ist seit 2013 Geschäftsführer von Indeed DACH. Zuvor war er in leitenden Funktionen im nationalen und internationalen Marketing bei der Citibank und Stepstone tätig. 2007 bis 2011 war er Vorstand beziehungsweise Geschäftsführer von Stepstone Deutschland.

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