Warum Agilität für Führungskräfte immer wichtiger wird

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Nur weil Unternehmen ein Kanban-Board nutzen, sind sie nicht automatisch agil. Patrick Lobacher von die.agilen schildert, wie Führungskräfte vorgehen können.

Agilität wird immer häufiger explizit als Anforderung in Stellenausschreibungen genannt – insbesondere für Führungskräfte. Das zeigte eine Auswertung der Stellenausschreibungen auf Stepstone im August. Aber was bedeutet Agilität für Führungskräfte, für ihr Unternehmen und wie gehen sie dabei am besten vor?

Was ist Agilität? Unsere Welt ist gekennzeichnet durch Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität (VUKA). Es wird komplexer. Agil bedeutet in diesem Zusammenhang: Mitarbeiter handeln selbstorganisierter und bekommen dadurch mehr Verantwortung und Entscheidungskompetenz. So wird die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit im gesamten Unternehmen verbessert. Hierdurch können komplexe Probleme besser gelöst werden. Klingt einfach, ist es aber nicht.

Diese fünf elementaren Dinge gilt es im Prozess zu beachten:

1. Die Frage nach dem WARUM klären

Das Ziel sollte nie sein, die Methode/das Framework aus reinem Selbstzweck einzuführen. Das Ziel muss vielmehr sein, die eigene Unternehmenskultur zu verändern, indem bestimmte Werte und Prinzipien gestärkt werden. Die Frage lautet also, warum auf individueller Ebene Agilität angewendet werden soll, beziehungsweise wie sie konkret helfen kann. Und daraus abgeleitet, welche Werte und Prinzipien der Unternehmenskultur im Vorfeld gestärkt werden können/sollen. Die Innovationskraft, der Stand als Thought Leader oder ein vertrauensvolles Miteinander? Das liegt ganz beim jeweiligen Unternehmen.

Damit dieser Blick valide ist, sollte er auf jeden Fall ganzheitlich geschehen. Wird zum Beispiel betrachtet, wie Entscheidungen getroffen werden, ist eine holistische Perspektive der Führungsebene sowie verschiedener Teammitglieder gefragt, die in einem eigenen Workshop hierzu zusammenkommen. Geht es um den Stand der eigenen Kultur, kann außerdem der Blick von außen extrem hilfreich sein – beispielsweise in Form eines externen Beraters. Ansonsten besteht die große Gefahr, “blinde Flecken” nicht zu bemerken, da man zu sehr in seiner subjektiven Wahrnehmung verankert ist.

2. Die Reihenfolge muss stimmen (agil sein versus agil machen)

Nur weil Unternehmen ein Kanban-Board nutzen oder ein Daily Stand-ups haben, sind sie nicht automatisch agil. Vielmehr geht es zunächst darum, die Werte und Prinzipien zu verinnerlichen, die sich aus dem agilen Manifest ergeben – und anschließend auf das eigene Unternehmen zu übertragen. Es ist wie beim Sprinten: Bevor Läufer Vollgas geben, brauchen sie das richtige Schuhwerk und müssen sich aufwärmen – ansonsten kann es zu Zerrungen oder anderen Verletzungen kommen.

2001 wurde das agile Manifest im Software-Bereich ausgearbeitet, da hier früher schnelle Lösungen in komplexen Umfeldern gefordert waren. Mittlerweile lässt sich das agile Manifest aber auch auf alle Bereiche eines Unternehmens übertragen. Zum Beispiel individuelle Anforderungen höher zu priorisieren, als starre Prozesse beizubehalten. Ist das geschafft, lassen sich auf dieser Grundlage erste Praktiken wie ein Daily Stand-up ableiten. Erst dann folgen die gewünschten Methoden/Frameworks wie OKR, Scrum etc.

3. Veränderungen antizipieren

Der vermutlich schwierigste, aber auch entscheidendste Punkt, wenn es darum geht, agil zu werden: Veränderungen willkommen heißen und dann in den Prozess einfließen lassen. Das bedeutet etwa, dass Prioritäten immer wieder angepasst werden müssen, um schnell auf das gewünschte Ergebnis zu kommen. Das bedeutet aber im gleichen Zug auch, sich von bisherigen Prozessen, Werkzeugen und ihrer starren Dokumentation zu lösen und bereit zu sein, andere Dinge auf einer individuellen Basis in den Vordergrund zu stellen. So kann auf dynamische Weise besser der Fokus auf das Endprodukt, beziehungsweise Ziel des Unternehmens gelegt werden – auch wenn es gilt, schnell auf unvorhergesehene Ereignisse zu reagieren.

„Änderung willkommen heißen“ ist also in erster Linie eine Einstellung. Beispielsweise wäre in der momentanen Situation der Corona-Krise eine „falsche Einstellung“ zu versuchen, das eigene Produkt oder die Dienstleistung „durchzudrücken“ – sich den neuen Gegebenheiten also nicht anzupassen. Stattdessen gilt es zu überlegen, was der Kunde jetzt braucht, damit ich ihm mit einem neuen oder angepassten Produkt helfen kann. Wie bei den Herstellern Bosch, Hengst & Co, die eigentlich in anderen Industriezweigen beheimatet sind und ihr Sortiment zeitnah um Beatmungsgeräte, Masken, etc. erweitert haben. Denn dort lagen zu diesem Zeitpunkt die größten Bedürfnisse. Oder beispielsweise Microsoft, die ihre Lösung MS Teams kurzer Hand kostenlos zur Verfügung gestellt haben, als viele Unternehmen auf Remote Work umsteigen mussten.

4. Autonomie vs. Alignment oder auch: Teams richtig umstrukturieren

Vermutlich werden Sie nicht umhin kommen, die Teams Ihres Unternehmens neu zu strukturieren. Im Sinne einer agilen Vorgehensweise sollten Sie dabei das Individuum in den Mittelpunkt stellen. Also im Detail beurteilen, was und welcher Support in Teams, aber auch für jedes Teammitglied benötigt wird, um das jeweilige Ziel zu erreichen. Dabei hilft es, insbesondere auf crossfunktionale und selbstorganisierte Teams zu setzen. Also ein Team aus Mitgliedern mit möglichst diversen Stärken und Schwächen zusammenzusetzen. Generell gilt: Desto heterogener das Team, desto holistischer das Ergebnis. Die genaue Zusammensetzung des Teams hängt dabei stark vom geplanten Produkt, beziehungsweise Ergebnis ab. Geht es beispielsweise um den Bau einer Recruiting App, gilt es zu überlegen, welche Kompetenzen benötigt werden, um die App herzustellen. Etwa Entwickler, Marketing, Recruiting aber auch aktuelle Auszubildende. Die Reihenfolge bei der Teambildung sollte dementsprechend sein:

a. Was für ein Produkt beziehungsweise was für eine (Kunden-)Lösung entwickelt das Team?
b. Was für Erfahrung Blickwinkel brauche ich hierfür?

Eine vertrauensvolle Atmosphäre und eine offene, stetig fließende Kommunikation sind dabei das A und O. Ansonsten funktioniert es nicht. Wichtig zu verstehen für Führungskräfte ist in diesem Kontext das Spannungsfeld zwischen Autonomie und Alignment, also der gemeinsamen Ausrichtung. Bei einem hohen Alignment, aber einer geringen Autonomie, teilt eine Führungskraft ihre genauen Vorstellungen, die auf diese Weise von den Mitarbeitern umgesetzt werden sollen. Unter dieser Voraussetzung leidet allerdings häufig die Motivation. Im umgekehrten Fall dagegen, arbeiten Mitarbeiter unter Umständen an unterschiedlichen, teils widersprüchlichen Lösungen, sollten sie zu wenige Vorgaben bekommen. Die Kunst ist es daher, sowohl das Alignment in Form von Vorgaben, als auch eine hohe Selbstständigkeit der Mitarbeiter zu erhalten. Auf diese Weise entstehen gewinnbringende Lösungen und die Motivation der Mitarbeiter wird gefördert.

5. Regelmäßiges Reporting

Dieser Prozess lebt von Iterationen. Dazu zählt auch in sehr regelmäßigen Abständen (zirka alle vier bis sechs Wochen) die Teams reflektieren zu lassen: Was lief gut und was kann noch verbessert werden gemäß der gesetzten Prinzipien und Werte, die wir erreichen wollen? In einigen Frameworks wie zum Beispiel OKR (Objectives and Key Results) ist das fest vorgesehen mit dem Schritt der Retrospektive. Hilfreich kann in diesem Punkt auch sein, sich regelmäßig Feedback von Kunden einzuholen. Was wünscht sich unser Kunde? Ein knalligeres Produkt? Einen besseren Service? Der Kunde sollte den Prozess leiten. Mit der entsprechenden Rückmeldungen geht das sehr viel einfacher.

Fazit:

Agil wird man nicht von heute auf morgen – es ist ein Marathon und kein Sprint. Es heißt also Ausdauer zeigen und sich auch immer wieder aus alten Verhaltensmustern befreien. Professionelle Anleitung kann dabei hilfreich sein, zum Beispiel in Form von Coaches oder auch einem Videotraining.

Patrick Lobacher ist Geschäftsführer der die.agilen GmbH. Gemeinsam mit seinem Mitgründer Christian Jacob war er einer der ersten, die OKR (Objectives and Key Results) im deutschsprachigen Raum eingeführt haben. In mehr als 9 Jahren haben die.agilen mehr als 500 Startups, KMUs und Konzerne zu den Themen Agilität und OKR beraten. Seit Kurzem bieten die.agilen ihre Beratung auch als Videotraining an.

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