Richtig bewerben in der Krise

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Mit unsinnigen Bewerbungstipps verunsichern momentan viele Medien die Jobsuchenden. Was wirklich zählt, erklärt Personalberater Thomas Lüdeke.

Abstandsregeln, Video-Interviews, pausierte Bewerbungsverfahren – Corona verändert Bewerbungsprozesse. Manche Veränderungen mögen auch nach der Krise bleiben. Jobsuchende sind gut beraten, sich auf die Veränderungen einzustellen, wenn sie Erfolg haben möchten.

Ein Rennrad im Hintergrund positionieren?

Tipps von Karriere-„Experten“ gibt es gerade jetzt wie Sand am Meer. Genau hinzuschauen und diese kritisch zu hinterfragen ist sinnvoll. Kürzlich stieß ich auf einen Artikel mit Bewerbungstipps, in dem Jobsuchenden empfohlen wurde, in digitalen Bewerbungsgesprächen gezielt Gegenstände im Hintergrund zu positionieren, die zu den Werten des Unternehmens passen. Als Beispiele wurde ein Rennrad als Symbol für Geschwindigkeit genannt oder ein Bücherregal, wenn man sich bei einem eher konservativen Unternehmen bewirbt.

Bewerbungen sollten zielgerichtet sein

Ich persönlich halte davon nichts. Zum einen, weil die Zurschaustellung der vermeintlichen Gemeinsamkeiten schlicht zu plump und eindimensional ist. Zum anderen – und das ist viel gravierender – weil man nicht hervorheben sollte, was nicht da ist. Ein Match ist dann ein Match, wenn beide Seiten die gleichen Vorstellungen haben und wenn der Bewerber mitbringt, was das Unternehmen benötigt und andersherum. Wenn der Bewerber nur Behauptungen aufstellt, um dem Gegenüber zu gefallen, dann rächt sich das spätestens im Arbeitsalltag, wenn die falsche Fassade anfängt zu bröckeln.

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Bewerber sollten sich daher im ersten Schritt fragen: bin ich der Richtige für den Job? Passen meine Qualifikationen zur Stelle und zu den Werten und Vorstellungen des Unternehmens? Anstatt um jeden Preis eine Passgenauigkeit zu erzwingen, sind Jobsuchende besser beraten, sich zielgerichtet auf Stellen zu bewerben, für die sie die Skills mitbringen und bei denen die eigene Persönlichkeit zum Unternehmen passt.

Gefragte Kompetenzen

Wir sind auf Kommunikation und Marketing spezialisiert. Aktuell erkennen wir den Trend, dass interne Kommunikation ebenso wie Change-Kommunikation an Bedeutung gewinnen. Das war tendenziell schon vor der weltweiten Corona-Krise so und wird jetzt noch verstärkt.

Ein digitales Mind- und Skillset spielt in Zeiten wie diesen eine übergeordnete Rolle. Wer hier noch Nachholbedarf hat, sollte die Zeit nutzen, um das eigene Profil zu schärfen. Auch das Thema agiles Arbeiten ist stark auf dem Vormarsch und Suchende sollten die Bereitschaft mitbringen, sich auf neue Arbeitsweisen und Strukturen einzulassen. Wir sehen das an den Vakanzen, die wir besetzen.

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Aktuell arbeiten wir mit einem IT-Unternehmen zusammen, welches konsequent innovative, agile und vernetze Arbeitsstrukturen implementiert hat und auf der Suche nach zwei passenden Führungspersönlichkeiten ist. Diese sollen im Schulterschluss die Corp-Comms-Abteilung steuern – die eine mit fachlichem Fokus, die andere mit Blick auf die Entwicklung von Team und Menschen. Grundsätzlich empfehlen wir, zukunftsorientiert zu denken. Viele Branchen werden sich entwickeln und neue Potenziale für sich erschließen – und damit auch neue Mitarbeiter benötigen, die das Team passgenau unterstützen.

Vorbereitung auf digitale Bewerbungsgespräche

In der Bewerbungsphase spielen die veränderten Prozesse eine große Rolle. Heute laufen ganze Gesprächsreihen per Video-Interview ab – vom Erstkontakt bis zum Vertragsangebot. Aber nur weil kein Handschlag stattfindet, heißt das nicht, dass es keine Etikette gibt.

– Small Talk

Normalerweise beginnt ein Bewerbungsgespräch meist mit Small Talk. Er dient dazu, sich auf einem persönlichen Level einzuschätzen und zu Beginn des Gesprächs das Eis zu brechen. In Corona-Zeiten fällt er jedoch oft weg. Doch auch in Video-Calls kann man sich etwas „warmlaufen“: gehen Sie zum Beispiel auf die Umgebung des Gegenübers ein oder kommentieren Sie, dass es Sie freut, Ihr Gegenüber digital kennenzulernen.

– Technik prüfen, den Dresscode beachten

Der Technik-Check im Vorfeld ist unerlässlich: Prüfen Sie die Ton- und Lichtqualität sowie den Bildausschnitt, den Sie präsentieren wollen. Lernen Sie, falls nötig, vorab das Programm kennen und denken Sie an wichtige Kleinigkeiten, wie zum Beispiel den Stumm-Knopf. Machen Sie sich vorher Gedanken, welche Einblicke Sie in Ihr privates Umfeld geben möchten. Es sollte auf jeden Fall authentisch wirken. Achten Sie auf eine geordnete und strukturierte Umgebung – im Hintergrund sollte nicht der Wäschekorb oder der offene Kleiderschrank auf Sie warten. Der Dresscode ist der gleiche wie im richtigen Gespräch (und schon fürs eigene Gefühl empfiehlt es sich, keine Jogginghose zu tragen, nur weil man sie im Video nicht sieht).

– In Videokonferenzen aktiv am Gespräch teilnehmen

Noch wichtiger als in „normalen“ Vorstellungsgesprächen ist die bewusste Interaktion in Videokonferenzen, weil man gedanklich leichter abschweift, wenn man sich nicht gegenübersitzt. Bereiten Sie eine Liste mit Fragen und Themen vor und nehmen Sie aktiv am Gespräch teil. In einem lebhaften Gespräch wird ein Bewerber greifbarer und wirkt engagiert. Da der persönliche Eindruck der Räumlichkeiten und der Mitarbeiter vor Ort wegfällt, lohnt zum Beispiel auch die Frage nach der Unternehmenskultur.

– Auftritt in sozialen Netzwerken pflegen

Sehr wichtig ist ein gepflegter, professioneller und vollständiger Auftritt in sozialen Netzwerken – zum Beispiel auf LinkedIn. Hier präsent, sichtbar und gut vernetzt zu sein ist für die Karriere äußerst hilfreich. Prüfen Sie außerdem, was sonst noch über Sie im Internet zu finden ist. Wenn Bewerber selbst auf ihre privaten Social-Media-Profile – etwa Instagram – verweisen, müssen sie sich darüber im Klaren sein, dass Arbeitgeber sich diese Profile auch anschauen. Wenn Profil und Realität zu sehr auseinanderklaffen, wirft das Fragen auf.

Thomas Lüdeke ist Managing Partner der auf Kommunikation und Marketing spezialisierten PRCC Personalberatung mit Sitz in Düsseldorf. Durch seine Tätigkeit als Headhunter/Personalberater hat er umfassende Einblicke in den Arbeitsmarkt der Kommunikationsbranche. Hier gibt er Tipps und Empfehlungen zum Bewerbungsprozess in Krisenzeiten.

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