Corona-Krise: Erschüttert bis in die Grundbedürfnisse

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Einmal radikale Veränderungen für alle, bitte: Corona hat unsere Grundbedürfnisse massiv ins Wanken gebracht. Interne Kommunikation und HR müssen jetzt Halt geben, meint Andrea Montua.

Sie sind tief in uns allen verankert, aber wir nehmen sie kaum bewusst wahr: Grundbedürfnisse sind der Ursprung unseres zentralen Motivationssystems, die Wurzel unserer Gefühle und deshalb so wichtig für unser Wohl- oder eben Unwohlsein. Sie sind Ausdruck dessen, was uns wichtig ist, unserer Werte und Überzeugungen.

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Fünf Grundbedürfnisse sind es, die in jedem Menschen verankert sind:

  • Bindung und Zugehörigkeit: Das Bedürfnis des Menschen nach Gemeinschaft, nach Nähe und Anbindung – zum Beispiel an die Familie, an Freunde, ein Unternehmen oder Team.
  • Gestaltung und Selbstwirksamkeit: Das Bedürfnis, möglichst viele Handlungsalternativen zu haben, einen großen Handlungsspielraum und die Freiheit, diesen auszufüllen.
  • Lustgewinn und Unlustvermeidung: Das Bestreben, erfreuliche, lustvolle Erfahrungen herbeizuführen und schmerzhafte, unangenehme Erfahrungen zu vermeiden.
  • Orientierung und Sicherheit: Schutz, Geborgenheit, Ordnung und, in Bezug auf die Arbeitswelt, auch der Wunsch nach einem sicheren Arbeitsplatz und einem geregelten Auskommen.
  • Konsistenz: Wenn alle Grundbedürfnisse aktiviert sind und eine Art inneres Gleichgewicht hergestellt ist.

Aus Grundbedürfnissen ergeben sich Motive

Aus den Grundbedürfnissen ergeben sich Motive unterschiedlicher Ausprägung, aus denen heraus wir denken, handeln und fühlen. So kann für den einen die Unabhängigkeit das wichtigste Motiv sein, mit dem er Selbstwirksamkeit erfährt. Für andere ist Ordnung etwas, das ihnen Orientierung und Sicherheit gibt. Für wieder einen anderen schaffen anerkennende Worte das Gefühl dazuzugehören, für die andere ist Geborgenheit in der Familie völlig ausreichend, um ihr Bedürfnis nach Bindung auszufüllen.

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Foto HR BarCamp Berlin 2024

Der universelle Charakter der Grundbedürfnisse macht sie für die Kommunikation besonders wertvoll, um mit Blick auf sie bedarfsgerecht zu formulieren und damit voll wirksam zu werden. Wir alle sind permanent damit beschäftigt, unsere Bedürfnisse zu erfüllen. Das erfordert in den verschiedenen Lebensphasen und Tagesformen mal mehr, mal weniger Anstrengung.

Egal wie positiv oder defizitär wir gerade eingestellt sind: Im Change sind die meisten unserer Grundbedürfnisse erschüttert und wir brauchen Unterstützung, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Ein Job für unter anderem die interne Kommunikation, denn in Veränderungssituationen ist das Wissen um die Bedeutung der Grundbedürfnisse einer der Schlüssel für den kommunikativen Ansatz.

Stabilität in Zeiten von Veränderungen

Das kann die interne Kommunikation tun, um allen Kolleginnen und Kollegen Stabilität in Zeiten von Veränderungen zu geben:

Gemeinsam mit Human Resources gilt es, die Führungskräfte im Unternehmen für die Herausforderung “Change” fit zu machen und in den Austausch mit ihnen zu gehen zu Fragen wie: Welche Bedürfnisse gibt es in uns und wie beeinflussen sie uns? Welche Mechanismen gibt es im Change und was ist die Rolle der Grundbedürfnisse in diesem Zusammenhang? Wie kann ich als Führungskraft mit einzelnen oder auch dem Team kommunizieren, um stabilisierend und motivierend zu sein?

Offene Dialog- und Austauschformate verbinden, weil jeder das Gefühl bekommt, mit seinen Sorgen nicht allein zu sein. Gleichzeitig bekommen Sie als Kommunikator die Möglichkeit zu erfahren, wo die Bedürfnisse Einzelner und die von Gruppen liegen. Das kann eine Brown Bag Session oder ein After-Work-Getränk sein – nutzen Sie das gemeinsame Gespräch.

Partizipative Formate wie Barcamps, Fishbowls oder World Cafés geben die Möglichkeit, Veränderungen mitzugestalten, die eigenen Ideen und Bedürfnisse einzubringen.

Trainings und Seminare sorgen für den Aufbau von Wissen. Gerade in Veränderungen nehmen Sie damit die Angst, neuen Aufgaben nicht gewachsen zu sein und stärken die Selbstwirksamkeit.

Workshops für Erfolge und Schwachstellen des Veränderungsprozesses sorgen für Lustgewinn, relativieren unangenehme Erfahrungen, geben Orientierung, stärken die Gemeinschaft und geben die Gelegenheit, sich einzubringen.

Ganz grundsätzlich vermittelt die Interne Kommunikation Sicherheit und Orientierung, indem sie umfangreich informiert, Möglichkeiten schafft, zusammenzuarbeiten, sich auszutauschen und Gemeinschaft zu leben. Darüber hinaus wird sie zukünftig noch verstärkter zum Impuls- und Ratgeber für Führungskräfte werden. Dafür sollte sie sich in den relevanten Erkenntnissen aus Hirnforschung, Organisationsentwicklung und Psychologie insoweit auskennen, dass sie gemeinsam mit Human Resources eine beratende Rolle ausfüllen kann.

Denn in Kenntnis der Grundbedürfnisse und Motivstrukturen ihrer Teams können Führungskräfte in ihrer Kommunikation und in ihrem Führungsverhalten passgenauer und wirkungsvoller arbeiten. Zudem hilft das Wissen um persönliche Motive den Führungskräften, ihre eigene Stabilität zu erhalten und aus dieser Stärke heraus für Stabilität im Team sorgen zu können. Eine Stabilität, die uns aktuell den Halt gibt, der für einen weitgehend normalen Joballtag so wichtig ist.

Foto Andrea Montua

Andrea Montua ist Inhaberin von MontuaPartner Communications, einer Agentur für Interne Kommunikation & Change aus Hamburg. Seit 2004 begleitet sie gemeinsam mit ihrem Team mittelständische Unternehmen und Konzerne beim Aufbau und der Optimierung Interner Kommunikationsstrukturen und setzt Maßnahmen als verlängerte Werkbank um. Andrea Montua ist studierte Diplom-Kauffrau, Führungskräfte-Coach und seit mehr als 20 Jahren überzeugte Kommunikatorin.
Foto: Tom Pingel, Hamburg

 

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