Emotionen im Blick: Was gegen den „Big Quit“ hilft

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Emotionen entscheiden. Menschen suchen im Job nach Wertschätzung, Selbstsicherheit, Verbundenheit und Empowerment, erklärt Uwe Göthert, CEO Dale Carnegie Deutschland. Hier ist HR gefragt. Er gibt Praxistipps, die auf eine positive Employee Experience einzahlen.

Seit Monaten vibriert es in den HR-Abteilungen. Immer mehr Menschen kündigen ihren Job. „The Big Quit“ hat sich in den USA zum ernsten Trend entwickelt. Inzwischen sind die Kündigungsraten auch in Deutschland in die Höhe geschossen. Der Arbeitsmarkt rumort. Diese Entwicklung verschärft den bekannten Fachkräftemangel. Unternehmen suchen händeringend Expertinnen und Experten, die einsteigen, engagiert mitwirken und bleiben.

Was können Betriebe jetzt tun? Ursachen erforschen und beheben. Dafür muss die HR ans Steuer. Die Fragen lauten: Aus welchen Gründen kündigen Menschen trotz Krise ihren Job? Was animiert Eingesessene zum Gehen – oder Bleiben? Die Antworten sind vielfältig, individuell, aber summieren sich in folgender Erkenntnis: Unattraktive Arbeitsbedingungen verjagen die Teams. Menschen fühlen sich unwohl und abgestuft.

Der Arbeitsplatz passt bei vielen nicht mehr zu den veränderten Bedürfnissen. Familie, Hobbys, Gesundheit, Entfaltung, Zugehörigkeit, Wirksamkeit – und immer wieder Sinn sind die Themen, die heute mehr denn je bewegen. Menschen suchen Erfüllung und Zufriedenheit. Finden sie nichts davon im aktuellen Job, suchen sie woanders.

Kern der Lösung: Schlüsselgefühle wecken

Diese neuen Ansprüche lassen sich nicht allein mit Geld befriedigen. In der Masse und auf Dauer braucht es andere Lösungen. Hinter den Forderungen nach Homeoffice, flexiblen Arbeitszeiten oder mehr Mitsprache verbergen sich elementare Schlüsselgefühle. Im Kern suchen Menschen im Job nach Wertschätzung, Selbstsicherheit, Verbundenheit und Empowerment. Alle anderen Gefühle wirken wie kurze Beben.

Natürlich freuen sich Engagierte über Einmalzahlungen oder spontan frühen Feierabend. Singuläre Pushs schaffen jedoch kein zuverlässiges positives Grundgefühl. Wenn Führungskräfte versäumen, bei ihren Leuten regelmäßig diese vier emotionalen Glücksbooster zu zünden, schleichen sich schnell negative Strömungen wie Angst, Desinteresse oder Wut, aber auch Langeweile und Frust in den Arbeitsalltag. Überwiegt dieser Ballast, droht die innere Kündigung.

Employee Experience als strategische Nummer 1

Positives Erleben braucht ab sofort strategische Priorität. Der Schlüssel liegt in der konsequenten Optimierung der Employee Experience. Wer erfreuliche Empfindungen auslösen will, muss die Touchpoints kennen. Denn sämtliche Erfahrungen, die Angestellte im Betrieb machen, rufen Emotionen hervor – vom Bewerbungsverfahren bis zum Exitgespräch. Rund um Schreibtisch, Verkaufstresen, Friseurstuhl oder Druckermaschine, das gesamte Umfeld, die Aufgaben selbst, Arbeitsroutinen und Prozesse, Kollegium und Chefetage – alles beeinflusst die Zufriedenheit. Wie bei einer durchdachten Customer Journey stehen bei der Employee Experience bei sämtlichen Kontaktpunkten die Gefühle der Belegschaft im Mittelpunkt.

Weitsichtige Unternehmen beschäftigen sich daher permanent mit der Jobsituation des Einzelnen, seinen jeweiligen Aufgaben, Hürden und mentalen Auswirkungen. Das beginnt schon bei der adäquaten Ausrüstung am Arbeitsplatz. Verantwortliche stellen sicher, dass Arbeitsmitteln wie Computer, Software, Smartphone, Dienstkleidung, bequeme Arbeitsstühle und Co. vorhanden oder budgetiert sind.

Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben, was sie brauchen

Da sich die Arbeitsumstände immer schneller ändern, justieren viele Abteilungen ihre Abläufe ständig nach. Dabei darf es nicht mehr nur um Effizienz gehen. Vielmehr müssen HR-Profis mit gleicher Priorität berücksichtigen, welche Gefühle ein bestimmter Prozess bei den Betroffenen auslöst. Bei jedem Schritt stehen Unternehmen vor denselben Fragen: Wie geht es dem Umsetzenden dabei? Welche Gefühle lösen die neuen hybride Arbeitsstrukturen aus? Wie fühlt sich eine Fachkraft, die per Videocall nur schwer zu Wort kommt? Was macht die neue Beschwerderoutine mit dem Service? Haben sich Mitsprache durch die neuen Standards verbessert oder verschlechtert? Kommen Kritik und Lob bei den richtigen Leuten an?

Diese Fragen stehen Änderungen keineswegs im Wege. Vielmehr sorgt die emotionale Komponente, dass neue Routinen überhaupt funktionieren. Darf beispielsweise Kollege Schulze im Homeoffice bleiben, weil die Handwerker kommen, fühlt er sich gesehen und verstanden. Das fördert Engagement und Vertrauen. Bekommt jemand freie Hand und Ressourcen für eine experimentelle Task Force, zahlt das auf die Sehnsuchtsgefühle Sicherheit und Empowerment ein. Berücksichtigt die HR, dass Kollegin Meier Personalgespräche per Videocall als No-Go empfindet, fühlt sie sich wertgeschätzt, wenn sich alle Beteiligten in persona treffen.

Zuhören und handeln

Kurzum: Wir befinden uns im Zeitalter der Arbeitnehmerinnen / Arbeitnehmer. Lebensqualität ist heute Toppriorität. Nur Systeme, die das akzeptieren, können Expertinnen / Experten künftig halten. Unternehmen müssen zuhören und handeln, die Arbeitsbedingungen den neuen Bedürfnissen anpassen und ein Umfeld schaffen, in dem die vier positiven Schlüsselemotionen geweckt werden.

Zuerst geht es darum, dass Vorgesetzte ihre Sales Manager, IT-Profis oder Projektassistenzen als Individuum begreifen und eine vertrauensvolle, produktive berufliche Beziehung zu ihnen herzustellen. Dazu gehört echtes Interesse, Fürsorge und Anteilnahme. Das vermitteln direkte Vorgesetzte, indem sie vertrauensvolle Beziehungen aufbauen, Feedback geben, fordern und selbst als Vorbild, Coach/-in und Mentor/-in dienen.

Parallel starten Maßnahmen, die die Erfahrungswelt der Teams optimieren: Kluge Unternehmen beseitigen Hindernisse, stellen Ressourcen bereit, unterstützen Fachkräfte bei ihren Karrierezielen, bieten Wachstums- und Entwicklungsmöglichkeiten, belohnen bei Anstrengungen und zeigen aktiv, dass ihnen Gesundheit und Wohlbefinden der Belegschaft wichtig sind.

Praxistipps, die auf eine wohlwollende Employee Experience einzahlen

  • Tipp: Führen Sie regelmäßig Gespräche mit jedem Teammitglied. Fragen Sie konsequent nach Feedback. Fühlt sich jemand ungesehen oder hat den Eindruck, dass seine Leistung unter den Tisch fällt, ergreifen Sie Gegenmaßnahmen. Nutzen Sie moderne Kommunikationskanäle, damit jeder das Gefühl hat, sich jederzeit an Sie wenden zu können.
  • Tipp: Geben Sie häufig individuelle Anerkennung. Das stärkt das Selbstvertrauen und gibt Menschen das Gefühl, stolz auf ihre Arbeit sein zu können. Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter spüren, dass sie wertvoll für das Unternehmen sind, wenn sie Zuspruch vom direkten Vorgesetzten erhalten. Jede Führungskraft sollte lernen, täglich aufrichtige Wertschätzung auszudrücken und Lob so zu formulieren, dass andere es annehmen können.
  • Tipp: Helfen Sie beim Aufbau von Netzwerken. So unterstützen Organisationen, dass Menschen weiter kommen und sich zugehörig fühlen. Stellen Sie Expertinnen / Experten gegenseitig vor, erhöhen Sie deren Sichtbarkeit. Zeigen Sie, wie sie Netzwerke aufbauen und nutzen Sie selbst jede Gelegenheit, um Kontakte zu knüpfen.
  • Tipp: Denken Sie bei Veränderungen immer über die emotionalen Effekte auf die Teammitglieder nach. Bereiten Sie sich auf unterschiedliche Reaktionen vor und planen Sie, wie Sie damit umgehen. Nehmen Sie Sorgen auf und reagieren Sie entsprechend. Geben Sie Stimmen Gehör, indem sie Feedback weiterleiten. Helfen Sie, Ressourcen bereitzustellen und Bremsklötze zu beseitigen. Investieren Sie in die Entwicklung von Fähigkeiten und Karrieren Ihrer Teams.
  • Tipp: Achten Sie auf Ihre eigenen Emotionen und deren Einfluss auf das Personal. Als Führungskraft ist es Ihre Aufgabe, ein positives Klima zu schaffen. Angemessene Emotionen zu zeigen, gehört zum Aufbau und Erhalt von Beziehungen dazu. Auf diese Weise wird das Handeln für andere nachvollziehbar und eigene Gefühle verständlich.

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Foto Uwe Göthert

Uwe Göthert ist seit 2004 Geschäftsführer von Dale Carnegie Deutschland. Im internationalen Führungszirkel von Dale Carnegie forciert der erfahrene Unternehmensentwickler disruptive Innovationen und zukunftsweisende Strategien. Göthert steuert komplexe Weiterbildungsprojekte von Marktführern unterschiedlicher Branchen, die sich in Anzahl der Teilnehmer, beteiligten Länder und angewandten Sprachen individuell skalieren lassen. Als Berater für international tätige Unternehmen liegt sein Fokus auf Verkauf, Führung, Kommunikation, Präsentation sowie Innovations- und Changemanagement. Foto: ©Dale Carnegie Deutschland

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