5 Erfahrungen: Wenn das Team das Gehalt bestimmt

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Seit vier Jahren entscheidet bei borisgloger consulting das Team über die Höhe der Gehälter. Anita Hauck und Kathrin Tuchen ziehen Bilanz zur „Gehaltsgilde“.

Unser CEO hatte es vor vier Jahren satt: Eine traditionelle Gehaltsverhandlung passte nicht mehr zu uns. Wieso sollte eine Person, die die Kolleginnen / Kollegen in der Regel im Einsatz gar nicht sieht, deren Leistungen beurteilen und auf welcher Basis? Einige der Gespräche endeten auch mit Frust auf beiden Seiten. Und wie immer, wenn bei uns etwas nicht funktioniert, ändern wir es. Das Prinzip unserer Gehaltsgilde: Die Kolleginnen und Kollegen übernehmen selbst die Verantwortung für „ihren“ Prozess zur Leistungseinschätzung und damit verbundenen Gehaltserhöhung. Hier manifestiert sich die Verantwortung des Einzelnen für das Unternehmen, für das eigene Wohlergehen und der Blick der vielen auf den Einzelnen.

Das Prozedere: Nach einer sorgfältigen Vorbereitung trifft sich die divers aufgestellte Gilde an zwei aufeinanderfolgenden Tagen im Jahr. Die Aufgaben: Einordnung der Mitarbeitenden im jeweiligen Level anhand vorher festgelegter, nachprüfbarer Kriterien; Feedback zur Leistung aller Mitarbeitenden in der Gilde schriftlich und mündlich einholen und dieses wertschätzend mit den Kolleginnen und Kollegen besprechen. An diese Einordnung und das Feedback knüpfen wir Gehaltserhöhungen und Karrieresprünge für das kommende Jahr. Unsere Erfahrungen:

1. Partizipative Prozesse basieren auf Vertrauen

Die Idee hinter der Gehaltsgilde: Personen, die intensiv miteinander arbeiten, vermögen sich gegenseitig fairer zu beurteilen als eine einzelne Führungskraft. So haben wir von Anfang an darauf geachtet, die Ideen aller Mitarbeitenden einzubeziehen, alle Schritte zu kommunizieren und so größtmögliche Fairness herzustellen. Die Gilde besteht aus teils aufgestellten und teils gewählten Personen, die jedes Team und jedes Level (zum Beispiel Senior, Executive Consultant) repräsentieren und damit einen Querschnitt der Organisation bilden.
Hatten wir in den ersten Jahren nur Kompetenz- und Stellenprofile für unsere Beraterinnen und Berater erarbeitet, kamen in diesem Jahr Level und Entwicklungspfade für unser Hub (Backoffice) hinzu. Zudem gewährleisten wir einen konstanten Austausch, den wir mit einer Informationsveranstaltung für die Gildenmitglieder, Umfragen und einem Probelauf vor der Gilde fördern.

2. Selbst- und Fremdbild angleichen

Kaum etwas ist desillusionierender im Job: Gefühlt war die eigene Leistung sehr gut, die Fremdeinschätzung von Kolleginnen / Kollegen oder Vorgesetzten weicht aber massiv davon ab. Klar: Bei einem Gehaltsprozess durch eine Gilde besteht die Gefahr, dass die Beurteilung der direkten Kolleginnen und Kollegen im Arbeitsumfeld noch mehr zusetzt als das ausschließliche Feedback in einem Zweiergespräch mit dem CEO. Was tun? Um die Abweichung so gering wie möglich zu halten, bieten wir allen Mitarbeitenden an, schon vor der Gilde und in regelmäßigen Abständen über das Jahr verteilt bei den unmittelbaren Kolleginnen / Kollegen Feedback einzuholen.

Unter anderem führen wir einmal pro Quartal Entwicklungsradargespräche mit unterschiedlichen Kolleginnen / Kollegen und den Führungskräften aus dem eigenen Team, um die Selbsteinschätzung mit mehreren Personen in der Organisation zu reflektieren. Aufgrund unseres starken Wachstums überlegen wir für die Zukunft, diesen Prozess noch technikbasierter zu unterstützen.

3. Externe Beratung hinzuziehen

Als die Idee für einen eigenen Gehaltsprozess heranreifte, standen unsere Kernprinzipien schnell fest: Er sollte fair, transparent und damit für alle nachvollziehbar sein. Wir nutzten die Teilnahme an einer Equal-Pay-Initiative als Anlass, gemeinsam mit einer externen Beratung ein Gesamtkonzept zu entwickeln. Ist der Prozess erst einmal aufgesetzt, funktioniert die interne Weiterentwicklung sehr gut.

Dennoch ist unsere Empfehlung, von Anfang an externe Beraterinnen / Berater mit Erfahrung in partizipativen Gehaltsprozessen ins Boot zu holen, die auch die Moderation des Prozesses an den zwei Tagen übernehmen. Uns hat der „Blick von außen“ geholfen. So ist die Akzeptanz in der Regel höher, wenn Personen mit neutralem Blickwinkel den Prozess begleiten.

4. Rahmenbedingungen schärfen und kommunizieren

Aus den ersten Durchläufen der Gehaltsgilde haben wir viele Erkenntnisse gewonnen. Ein zentraler Erfolgsfaktor ist es, klare Rahmenbedingungen vorzugeben – etwa, wann ein/e Mitarbeitende/r eine Beförderung in das nächste Level erwarten kann. So beruht die Bewertung durch die Gilde ausschließlich auf klaren und nachprüfbaren Kriterien, die die Leistung des oder der jeweiligen / Kollegen / Kollegin abbilden – zum Beispiel Auslastung, Methoden-Know-how oder Prozesskompetenz.

Die Kriterien zur Bewertung eines Level- bzw. Gehaltssprungs sind essenziell zur Durchführung eines solchen Gehaltsprozesses und sollten vorab mit allen Kolleginnen / Kollegen besprochen werden. Sie rücken auch in den Feedback-Gesprächen über das Jahr verteilt noch stärker in den Fokus, um die Erwartungen an eine Rolle sehr klar zu machen.

5. Der Gehaltsprozess ist eine Lernreise

Den Kern agiler Vorgänge bildet das Ausprobieren und Anpassen: Dabei erlangen wir oft positive Erkenntnisse, gleichzeitig passieren auch Fehler. Ein großer Schwerpunkt liegt deshalb auf der Reflexion am Ende der Gilde: Was lief gut, was weniger gut? Wo können wir im kommenden Jahr nachbessern? Hierbei werden alle Kolleginnen / Kollegen im Unternehmen mit einbezogen. Lohnt sich der Aufwand? Aus unserer Erfahrung: Ja! Auch, wenn der Prozess stellenweise schmerzhaft und anstrengend sein kann, führt Mitbestimmung beim Gehalt zu mehr Zufriedenheit.

Von anderen Feedback zu erhalten, die im direkten Umfeld arbeiten, ist enorm wichtig für die empfundene Fairness. Ebenso wünscht sich ein Großteil der Beschäftigten in der DACH-Region mehr Gehaltstransparenz, wie Studien zeigen. Hier setzt ein partizipativer Gehaltsprozess an.
Agile Strukturen erweisen sich als Vorteil, wenn Unternehmen einen solchen Gehaltsansatz entwickeln möchten. Hier sollten die Verantwortlichen vorab klären, ob ggf. vorab noch andere Prozesse und Werte/Prinzipien etabliert werden müssen. So ist eine Vorbereitung mit einer Pilotgruppe unserer Erfahrung nach entscheidend für einen gelungenen Prozess.

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Foto Anita Hauck

Anita Hauck ist People & Culture Manager bei borisgloger consulting, eine der führenden Managementberatungen im Bereich des agilen Change-Managements und der agilen Produktentwicklung in der DACH-Region. In dieser Funktion steuert sie als HR-Allrounder alle Personalprozesse für den deutschen und österreichischen Standort. Anita Hauck ist studierte Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlerin.

 

Foto Kathrin Tuchen

Kathrin Tuchen ist Senior Management Consultant und Chief ScrumMaster (CSM) bei borisgloger consulting, eine der führenden Managementberatungen im Bereich des agilen Change-Managements und der agilen Produktentwicklung in der DACH-Region. Als Beraterin unterstützt sie Organisationen auf dem Weg der agilen Transformation und führt sowohl extern als auch intern ScrumMaster Teams zu mehr Produktivität. Sie hat sowohl in der Moderation als auch als Teilnehmerin die Gehaltsgilde in mehreren Durchläufen bei borisgloger consulting begleitet und mitgestaltet.

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