Fachkräftemangel? Digitalkompetenzen im Unternehmen ausbauen

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Fachkräftemangel oder Qualifizierungsmangel? Letzteres ist der Fall, sagt Nicole Gaiziunas, XU Group. Die Lösung: Weiterbildung und Neuqualifizierung.

Fachkräftemangel – kaum ein anderes Wort hat die Debatte um den Arbeitsmarkt in Deutschland in den vergangenen Jahren so sehr geprägt. Unternehmen suchen händeringend nach Personal mit digitalen Kompetenzen, zahlreiche Stellen bleiben unbesetzt. Gleichzeitig werden viele Jobs durch die Digitalisierung und Automatisierung abgebaut. Was viele dabei nicht direkt sehen: Wenn zunehmend digitale Expertinnen und Experten gesucht werden, haben wir es nicht unbedingt mit dem viel besprochenen Fachkräftemangel, sondern vielmehr mit einem Qualifizierungsmangel zu tun.

Das ist auch das Fazit der Untersuchung der Enquete-Kommission „Berufliche Bildung in der Digitalen Arbeitswelt“ der Bundesregierung. Der kürzlich veröffentlichte Bericht zeigt, dass wir Um- und Weiterbildungsmaßnahmen für digitale Fähigkeiten brauchen, um langfristigen, wirtschaftlichen Erfolg für alle in unserem Land zu gewährleisten. Die gute Nachricht: Die Lösung findet sich in den eigenen Reihen – bei den Mitarbeitenden. Mit beruflicher Weiterbildung (Upskilling) oder auch Neuqualifizierung (Reskilling) können sie die Antwort auf den steigenden Fachkräftebedarf sein.

Auf Up- und Re-Skilling setzen

Viele Unternehmen sind sich über die Möglichkeiten der beruflichen Weiterbildung allerdings nicht bewusst. Laut dem Reskilling-Index von XU nutzt die Hälfte (48 Prozent) der deutschen Unternehmen nicht die Möglichkeiten, die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neu zu qualifizieren. Im Finanz- und Versicherungssektor sowie in der Automobilindustrie haben Firmen hingegen bereits erkannt, dass sie ihre Kräfte mit Weiterbildungsangeboten für digitale Kompetenzen oder berufliche Neuqualifizierung auf digitale Jobprofile fördern können. Ein guter Grund, daran anzuknüpfen. Anbei einige Tipps, wie Sie Ihre Belegschaft fit für die digitale Zukunft machen können:

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Die finanziellen Mittel sind da!

Das Wichtigste vorab: Am Geld sollte die finanzielle Weiterbildung der Mitarbeitenden in keinem Fall scheitern. Die Bundesregierung hat zahlreiche Anreize für Unternehmen geschaffen, ihre Belegschaft weiterzubilden. Verschiedene Gesetzesinitiativen und Investitionsprogramme wie die Fachkräftestrategie und die Qualifizierungsoffensive schaffen rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen und unterstützen Unternehmen beim Up- und Reskilling. Informieren Sie sich und profitieren Sie von Fördergeldern, die Ihnen für die Weiterbildung ihrer Belegschaft zustehen.

Ängste nehmen

Wie bei allen Veränderungsprozessen ist das Wichtigste, dass alle mit an Bord sind. Wecken Sie bei Ihren Mitarbeitenden das Interesse für digitale Weiterbildung und Neuqualifizierung und zeigen Sie die Relevanz auf. Einige Kolleginnen / Kollegen stehen der Digitalisierung unter Umständen eher kritisch gegenüber, weil sie Angst haben, durch Automatisierung ihren Job zu verlieren. Um ihnen die Scheu zu nehmen, können Sie die Vorteile digitaler Lösungen klar und transparent aufzeigen. Demonstrieren Sie, dass der Arbeitsalltag durch die Nutzung digitaler Tools einfacher zu bewältigen ist. Durch eine offene Kommunikation und eine begleitende Engagement-Kampagne können alle mitgenommen werden und erkennen, wie digitale Qualifizierung das Unternehmen und die eigene berufliche Laufbahn zukunftsfähig macht.

Vorbilder schaffen

Was tun, wenn sich Teammitglieder gegenüber digitaler Weiterbildung verschließen? Ich zähle in einem solchen Fall auf ein Ambassador-Konzept mit klaren Vorbildern. Lassen Sie Kolleginnen / Kollegen, die bereits einen digitalorientierten Job im Unternehmen machen, selbst zu Wort kommen. Sie können in Form von Webinaren oder auch persönlichen Workshops auf Augenhöhe erzählen, wie ihr Job funktioniert – und die Begeisterung für die Arbeit mit digitalen Tools wecken.

Zugang zu digitalen Tools

Die passende Ausstattung am Arbeitsplatz ist unverzichtbar. Denn nur wer mit digitalen Tools arbeitet, kann auch ihre Vorteile kennen und schätzen lernen. Deswegen ist es wichtig, die passende Infrastruktur zu schaffen. So kann die Belegschaft den digitalen Fortschritt kennenlernen und unmittelbar von ihm profitieren. Was zählt ist, dass die Mitarbeitenden ein Teil der Digitalisierung im Unternehmen werden und merken, dass ihnen digitale Fördermöglichkeiten und technische Hilfsmittel zur Verfügung stehen.

Eine Vision erzeugen

Um die Mitarbeitenden mit auf die digitale Reise zu nehmen, kann es auch hilfreich sein, die Zukunftsjobs aufzuzeigen, die sich in der jeweiligen Branche ergeben. Im Einzelhandel etwa können sich Arbeitnehmerinnen / Arbeitnehmer zum/zur Customer Experience Manager/-in weiterbilden lassen. Mit verschiedenen Datenanalyse-Tools können diese im Online-Shop das Kaufverhalten der Kundinnen und Kunden analysieren und die Kundenansprache so optimieren. Schauen Sie einfach, welche Chancen sich in Ihrem Unternehmen durch digitale Weiterbildungsmaßnahmen ergeben könnten. Die neuen Skills und erforderliche Programme lassen sich unkompliziert mithilfe einer Online-Weiterbildung erlernen – und zeigen den Mitarbeitenden, wie ihre Tätigkeit in der digitalen Zukunft aussehen könnte.

Potenziale erkennen

Digitale Kompetenzen können ganz vielfältig sein und jeden Mitarbeitenden individuell fordern und fördern. Ich empfehle daher vorab einen „Digital Readiness Check“. Das ist ein Test, der die digitalen Kenntnisse und Fähigkeiten der Teilnehmenden erhebt. So können Mitarbeitende identifiziert werden, die besonders geeignet für bestimmte digitalorientierte Jobs sind. Ebenso findet sich für alle Teammitglieder die Möglichkeit, die individuelle digitale Kompetenz festzulegen und passgenau weiterzuentwickeln. Wer weiß, was Sie da für Überraschungen erleben.

Letztlich müssen alle in der Praxis ihre eigenen Wege in der digitalen Welt finden! Ich bin mir aber sicher, dass es jedem gelingen kann, das eigene Unternehmen und die Belegschaft auf die digitale Überholspur zu bringen – und dabei auch selbst etwas zu lernen. Das Wichtigste ist, sich zu informieren und dranzubleiben!

Foto Nicole Gaiziunas

Nicole Gaizunas ist Gründerin und Co-CEO der Online-Education-Plattform XU und beschäftigt sich mit den Zukunftskompetenzen von morgen. Sie ist überzeugt, dass die Transformation der Wirtschaft in den Zukunftsfeldern Digitalisierung, E-Mobilität und Nachhaltigkeit nur mit einer Investition in den Menschen und dessen Potenzial gelingen kann. Zusammen mit ihrem Team entwickelt sie innovative, zertifizierte Up- und Reskilling-Angebote für Unternehmen und deren Beschäftigte sowie Einzelpersonen.

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