Funktioniert ein ganzes Unternehmen auch mobil aus dem Wohnwagen? Sven Zuschlag, CEO von smapOne, macht den Workation-Praxistest. Hier kommt sein Bericht.
Geht Arbeiten wirklich von überall? Diese Frage haben sich viele Unternehmen im Lockdown zwangsläufig gestellt. Das Thema beschäftigt uns so sehr, dass wir es auf die Spitze treiben wollten: Funktioniert unser ganzes Unternehmen auch mobil aus dem Wohnwagen? Hier sind meine Learnings aus einer Woche mobiles Arbeiten als Camper.
Wir sind ein wachsendes Unternehmen, arbeiten verteilt, sowohl im Büro als auch im Home Office. Umso wichtiger ist mir, dass wir Spaß bei der Arbeit haben, sich alle wohlfühlen. New Work leben wir in allen Facetten. Aber was geht da noch, wollte ich wissen. Um das herauszufinden, haben wir vier Camper gemietet, vier Teams aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen gebildet und sind Routen zur Nord- und Ostsee, durch die Schweiz und Österreich bis nach Italien gefahren. Mein Team und ich hatten 1.200 km im mobilen Camper-Office vor uns. Ich war mega gespannt, was uns erwarten würde.
Funktioniert Workation als weitere Ausbaustufe von Homeoffice?
Die Camper statteten wir aus mit Laptops, Monitoren, Powerbanks, Hotspots, Akkus, Adaptern, Kameras, Festplatten und was man sonst noch zum mobilen Arbeiten braucht. Professionalität und Abenteuerlust sind für mich keine Gegensätze. Etwas spielerisch anzugehen, kann neue Türen öffnen und Unternehmen (wieder) auf Kurs bringen. Zum Beispiel weil festgefahrene Strukturen aufgebrochen werden. Ich habe festgestellt, dass es sich lohnt, neu zu denken und zu handeln. Dass es so wertvoll ist, ein neues Verständnis zu entwickeln. Insbesondere, um bestehende Routinen aufzubrechen. Ein spielerisches Mindset zu haben, hat so viele positive Auswirkungen auf dein Unternehmen, deine Mitarbeiter und auf dich selbst.
Mit unserem smapCamp wollten wir nun verschiedene Fragen auf den Prüfstand stellen. Zum Beispiel:
- Funktioniert Workation als weitere Ausbaustufe von Homeoffice?
- Was kann man an einem Workation-Tag wirklich schaffen?
- Reicht die technische Ausstattung oder müssen wir nachbessern?
- Welcher Teamfit passt (aus einer Abteilung oder abteilungsübergreifend?)
Ortsunabhängiges Arbeiten verbunden mit Quality Time war unsere Challenge. New Work Extreme im Camper. Auf dem Campingplatz. Am See. In den Bergen. Kann so etwas überhaupt funktionieren?
Sich arbeitsfähig zu machen, ist das A und O
Bereits der Start in unser New Work Extreme Experiment setzte bei allen positive Energie frei. Sich auf Ungewissheiten einlassen, bedeutet Flexibilität, Neugier, loslassen können. Und Ungewissheiten begegneten uns ständig. Schon das Ankommen an einem jeweils neuen Ort war jedes Mal ein kleines Abenteuer: Es galt, einen Standplatz zu suchen, Technik aufzubauen, Einkaufsmöglichkeiten bzw. Gastronomie zu finden.
Wichtiges Learning: Sich arbeitsfähig zu machen, ist das A und O. Und es kostet Zeit. Wer mobil arbeiten möchte, darf nichts dem Zufall überlassen. Denn wenn etwas Dringendes erledigt werden muss, dann interessiert den Kunden das Argument „Das Internet hat nicht funktioniert“ nicht. Daher gleich unser zweites Learning: Strom ist wichtiger als Konnektivität. Überraschend: Auf 3.100 Meter unterhalb des Matterhorns fanden wir frei zugänglichen Strom und besseres Netz als in Kühlungsborn am Strand.
Workation-Highlight: Arbeiten mit Blick auf’s Matterhorn
Auf unserem täglichen Programm standen Videochats mit den anderen smapOne-Campern, Calls mit Kunden, das Bearbeiten laufender Projekte, die Dokumentation der Reise für Social Media, tägliches Posten und der Kontakt zur Homebase. Bei aller Freiheit und Abenteuerlust war unser Grundsatz: Operative Dinge müssen erledigt werden, egal ob das Meeresrauschen oder der Blick auf die Berge ruft.
Gleichzeitig bescherte uns jeder Tag unbeschreibliche Momente und setzte bei uns Glückshormone und jede Menge neue Ideen frei. Aufwachen mit Blick auf´s Matterhorn, brainstormen beim Schwimmen im kühlen Bergsee, Teamcall unterm Baum, gemeinsam kochen, den Sonnenuntergang erleben, Abende verquatschen, nachts in der Camperkoje Einfälle notieren. Auf engstem Raum mit den Arbeitskollegen zusammen leben und arbeiten war eine Herausforderung und Erfahrung. Auf- und Abbau, Schlafens- und Essenszeiten: Die Teamfähigkeit aller wurde auf die Probe gestellt.
Wichtig war bei aller Enge, Arbeit und Auszeit zuzulassen, wie es für jeden passte. Unser Workation-Learning: Es kommt darauf an, dass jeder maximal anpassungs- und konsensfähig ist. Unser enges Camperleben klappte überraschend gut. Für mich bereichernd war: Ich habe Kollegen in sechs Tagen campen besser kennen gelernt als in zwei Jahren Zusammenarbeit. Gemeinsam haben wir so viele neue Inspirationen gesammelt. Schon für diesen Motivations-Boost hat sich das Experiment gelohnt: Wir sind so viel verbundener, gestärkter, neugieriger und beflügelt nach Hause gekommen.
New Work Extreme: new We
Nach einer Woche New Work Extreme im Camper kann ich nur sagen: Wow! Ich habe meine Bestätigung bekommen, für etwas, was ich zwar schon wusste, aber jeden Tag aufs Neue erlebt habe: wie wichtig playful leadership ist und mit wie wenig Aufwand man Spaß bei der Arbeit haben kann. Ob Grillen, Abkühlen im See, Sonne genießen in der Mittagspause oder ein frühes Feierabendbier – viele kleine Dinge und Aktionen motivieren. Alle! Auch wenn es sich vielleicht nicht so anhört, wir haben super effektiv gearbeitet und bringen tolle Idee mit nach Hause. Unterm Strich hat Workation und work from anywhere für uns gut funktioniert.
Grundsätzliche Learnings: Sich unterwegs arbeitsfähig zu machen braucht Zeit. In dieser Zeit kriegst Du keine Arbeit erledigt. Das heißt, acht Stunden Arbeitszeit zu realisieren, ist schwieriger als im Büro. Eine weitere Wahrheit: Professionalität geht von überall. Es erfordert aber mehr Konzentration und Fokus. Auch gegen Vorurteile mussten wir immer wieder anarbeiten – „ihr macht doch eh nur Urlaub. Da schafft man doch sowieso nichts.“ Genau deshalb war unser New Work Extreme Abenteuer so wichtig. Ich möchte den Leuten da draußen zeigen, dass das Normalität sein kann. Jeder kann das machen. Es steckt so viel mehr dahinter und bringt so viel mehr an Entwicklung für das Unternehmen, für das Team und für jeden persönlich, als nur New Work zu leben.
Photos: ©smapOne
Sven Zuschlag ist CEO der smapOne AG und will mit seinen Unternehmen die Digitalisierung in Deutschland beschleunigen. Seine Mission: Jeder Mitarbeiter soll spielerisch und einfach selbst zum Digitalisierer werden. Foto: ©SmapOne