Persönlichkeitsorientiertes Führen: Individuelle Potenziale erkennen und nutzen

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Persönlichkeitsorientiertes Führen orientiert sich an den individuellen Stärken und Bedürfnissen der einzelnen Teammitglieder. Ronald Franke, Geschäftsführer von LINC, erklärt die Grundvoraussetzungen für den Erfolg dieses Führungsstils und stellt zwei Praxisbeispiele mit Bezug zum Persönlichkeitsmodell Big Five vor.

Persönlichkeitsorientiertes Führen ist ein zeitgemäßer Führungsstil, der sich stark auf die individuellen Eigenschaften, Bedürfnisse und Potentiale der Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter fokussiert. Im Gegensatz zu traditionelleren Führungsansätzen, die sich in der Regel stärker auf die Aufgaben oder die Erreichung von Unternehmenszielen konzentrieren, berücksichtigt dieser Ansatz die Persönlichkeit jedes einzelnen Teammitglieds, um eine effektivere und motivierendere Arbeitsumgebung zu schaffen.

Persönlichkeitsorientiertes Führen: Grundprinzipien

Individualisierung: Die Erkenntnis, dass jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin einzigartig ist und eine individuelle Behandlung benötigt, um seine oder ihre Leistung und Zufriedenheit zu maximieren.

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Empathie und Verständnis: Eine starke Betonung auf der Fähigkeit des/der Führenden, sich in die Lage der Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter zu versetzen, ihre Bedürfnisse, Wünsche und Sorgen zu verstehen und entsprechend zu handeln.

Entwicklung und Förderung: Die kontinuierliche Unterstützung der persönlichen und beruflichen Entwicklung jedes Mitarbeiters und jeder Mitarbeiterin durch gezielte Fortbildungen, Feedback und Karriereplanung.

Kommunikation und Feedback: Die Pflege einer offenen und ehrlichen Kommunikation, in der Feedback regelmäßig und konstruktiv gegeben wird, um das Vertrauen und die Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeiterin / Mitarbeiter zu stärken.

Führung durch Vorbild: Die Führungskraft demonstriert durch ihr eigenes Verhalten die Werte und Normen, die im Team oder Unternehmen gelebt werden sollen, und zeigt sich selbst als lern- und entwicklungsbereit.

Persönlichkeitsorientiertes Führen: Wie können Führungskräfte diese Art zu führen umsetzen?

Persönlichkeitsorientiertes Führen: Individuelle Potenziale erkennen und nutzen
Envato/Rawpixel

Persönlichkeitsorientiertes Führen erfordert ein hohes Maß an sozialen Kompetenzen, emotionale Intelligenz und die Bereitschaft, sich auf die individuellen Eigenschaften der Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter einzulassen. Grundvoraussetzung für den Erfolg dieses Führungsstils ist das Wissen um die individuellen Persönlichkeitsstile und Potentiale der einzelnen Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter. An dieser Stelle benötigen Führungskräfte die Unterstützung einer leistungsfähigen Potentialdiagnostik im Unternehmen.

Liegt diese vor, verfügen die Führungskräfte über belastbare und gut aufbereitete Daten zur Persönlichkeit und zum Potential der Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter, welche sie zur Etablierung eines persönlichkeitsorientierten Führungsstils nutzen können.

Praxisbeispiele mit Bezug zum Persönlichkeitsmodell Big Five (Extraversion, Gewissenhaftigkeit, Offenheit, Verträglichkeit, Neurotizismus):

Beispiel 1: Führung einer Person mit hoher Verträglichkeit und hoher Gewissenhaftigkeit

Foto Frau arbeitet am Laptop
Twenty20/@justingovender_

Persönlichkeitsprofil der/des Geführten:

  • Verträglichkeit: Hoch (freundlich, kooperativ, empathisch)
  • Gewissenhaftigkeit: Hoch (organisiert, zuverlässig, verantwortungsbewusst)

Führungsstrategie:

Eine Person mit hoher Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit schätzt ein unterstützendes und strukturiertes Arbeitsumfeld. Diese Person legt großen Wert auf Harmonie im Team und erledigt Aufgaben gewissenhaft und pünktlich.

Führungsansatz:

  • Kooperative Zusammenarbeit: Der Führende sollte einen kooperativen Führungsstil wählen, der auf gegenseitiger Unterstützung basiert. Entscheidungen sollten gemeinsam getroffen werden, wobei die Meinung des Geführten geschätzt und berücksichtigt wird.
  • Klare Ziele und Strukturen: Da der Geführte sehr gewissenhaft ist, sollte der Führende klare Ziele, Erwartungen und Strukturen vorgeben. Es ist wichtig, Aufgaben präzise zu delegieren und regelmäßiges Feedback zu geben, damit der Geführte seine Arbeit effizient planen und organisieren kann.
  • Anerkennung und Lob: Aufgrund der hohen Verträglichkeit freut sich diese Person über positive Rückmeldungen und Anerkennung ihrer Bemühungen. Der Führende sollte daher regelmäßig Lob aussprechen, insbesondere wenn der Geführte zu einem harmonischen Arbeitsklima beiträgt oder außergewöhnlich zuverlässige Arbeit leistet.

Beispiel 2: Führung einer Person mit hoher Offenheit für Erfahrungen und niedrigem Neurotizismus

Mann arbeitet am Tablet
Envato/nd3000

Persönlichkeitsprofil des/der Geführten:

  • Offenheit für Erfahrungen: Hoch (kreativ, neugierig, offen für neue Ideen)
  • Neurotizismus: Niedrig (emotional stabil, stressresistent, ausgeglichen)

Führungsstrategie:

Eine Person mit hoher Offenheit für Erfahrungen und niedrigem Neurotizismus ist kreativ, offen für Innovationen und geht gelassen mit Herausforderungen um. Sie schätzt es, neue Ansätze auszuprobieren und reagiert gut auf Veränderungen.

Führungsansatz:

  • Förderung von Kreativität und Innovation: Der Führende sollte dem Geführten Freiräume geben, um kreative Lösungen zu entwickeln und neue Ideen auszuprobieren. Es ist hilfreich, ihm anspruchsvolle Projekte zuzuweisen, die seine Neugier und Kreativität anregen.
  • Gelassener Umgang mit Stress: Da der Geführte emotional stabil und stressresistent ist, kann der Führende ihm auch komplexe oder ungewisse Aufgaben anvertrauen, ohne dass er sich Sorgen um seine Stressbewältigung machen muss.
  • Ermöglichen von Lernmöglichkeiten: Eine hohe Offenheit für Erfahrungen bedeutet auch eine starke Lernbereitschaft. Der Führende sollte deshalb Weiterbildungen, Schulungen und die Teilnahme an innovativen Projekten fördern, damit der Geführte sich kontinuierlich weiterentwickeln kann.

Reflexionsfähigkeit der Führungskraft als Basis des Erfolgs

Die zweite wichtige Voraussetzung für den Erfolg persönlichkeitsorientierten Führens ist die Bereitschaft der Führungskräfte, sich mit der eigenen Persönlichkeit und dem eigenen Führungsstil auseinanderzusetzen. Persönlichkeitsorientiertes Führen setzt voraus, dass es nicht die eine richtige Art zu führen gibt, sondern Führende ihr Führungsverhalten an die Persönlichkeit der Geführten anpassen.

Nun hat aber natürlich jede Führungskraft selbst individuelle Persönlichkeitspräferenzen verinnerlicht, die ein bestimmtes Führungsverhalten vordisponieren. Menschen führen selten entgegen ihrer Persönlichkeit, daher gibt das Wissen über die Persönlichkeit der Führungskraft Aufschluss über deren primären Führungsstil.

Dieses Wissen ermöglicht der Führungskraft, in die Reflexion des eigenen Führungsverhaltens einzusteigen und die Bereiche zu identifizieren, die sich auf dem Weg zum persönlichkeitsorientierten Führen als problematisch erweisen könnten (zum Beispiel eine geringe Toleranz gegenüber Arbeitsweisen, die von den eigenen abweichen).

Fazit

Das Ziel persönlichkeitsorientierten Führens ist es, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem sich Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter wertgeschätzt fühlen, motiviert sind, ihre Potenziale voll auszuschöpfen und somit zum Erfolg des Unternehmens beitragen. Dies wird möglich, wenn Informationen zur Persönlichkeit der Führenden und Geführten vorliegen und Führungskräfte offen dafür sind, diese Informationen zu nutzen sowie den eigenen Führungsstil entsprechend anzupassen.

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Foto Ronald Franke

Dr. Ronald Franke ist Gründer und Geschäftsführer der LINC GmbH (Lüneburg Institute for Corporate Learning). Als Psychologe, systemischer Coach und Dozent beschäftigt er sich leidenschaftlich mit der modernen Psychologie und der Frage, mit welchen Erkenntnissen und Lösungen sie dabei helfen kann, einige der bedeutendsten Themen unserer Zeit anzugehen. Die LINC GmbH konzipiert und erstellt digitale Instrumente zur Erfassung, Darstellung und Entwicklung von Persönlichkeit mit dem Ziel, die Brücke zwischen Wissenschaft und Praxis zu schlagen, um einen signifikanten Beitrag zur Professionalisierung im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung zu leisten. Foto: ©LINC

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