Karrierechancen für Frauen: Mutig neue Wege gehen

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Noch immer stehen Frauen vor Herausforderungen auf ihrem Karriereweg – von hartnäckigen Rollenbildern bis zu strukturellen Hürden. Karrierechancen für Frauen hängen aber nicht nur von politischen und unternehmerischen Maßnahmen ab, sondern auch von Mut und Selbstvertrauen. Annette Mainka, Vorständin bei Nagarro, zieht zum Weltfrauentag Bilanz: Wo liegen die größten Hindernisse, was können Unternehmen tun und welche Ansätze verfolgt Nagarro?

Seit Jahrzehnten wird über die Karrierechancen für Frauen diskutiert – in der Politik, in Unternehmen, in der Gesellschaft und unter Frauen selbst. Und doch sind wir noch weit davon entfernt, echte Gleichberechtigung zu erreichen.

Ich sehe es immer wieder: Strukturelle Hürden bestehen fort, traditionelle Rollenbilder halten sich hartnäckig, und vor allem für Frauen mit Kindern bleibt der Weg in Führungspositionen oft steiniger als für Männer. Die Zahlen sprechen für sich: Fast doppelt so viele berufstätige Frauen wie Männer passen ihre Karrierepläne der Elternschaft an.

Mehr als dreimal so viele Frauen wie Männer geben ihre Führungsverantwortung nach der Geburt eines Kindes auf. Und das, obwohl ihnen Gehalt und Karriere meist genauso wichtig sind wie den Männern. In der Folge ist nur knapp jede dritte Führungskraft in Deutschland eine Frau. Das zeigt: Wir reden nicht über ein neues Problem – sondern über eines, das längst gelöst sein müsste.

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Rückkehr auf die frühere Stelle ermöglichen

Knapp ein Viertel der Vollzeitbeschäftigten in Leitungs- und Führungspositionen arbeitet gewöhnlich mehr als 48 Stunden pro Woche und damit länger als Erwerbstätige ohne Führungsaufgaben. In dieser Zeit muss bei jenen Mitarbeitenden, die sich um Kinder oder auch um zu pflegende Angehörige kümmern, die Betreuung sichergestellt sein. Tatsächlich ist die Zahl der Kita-Kinder mit einer Betreuungszeit von mehr als 35 Wochenstunden in den vergangenen zehn Jahren deutlich gestiegen.

Karrierechancen für Frauen: Mutig neue Wege gehen
Twenty20/@Hanni

Fehlende Kitaplätze führen (trotz gesetzlichen Anspruchs) allerdings auch dazu, dass wenige unter Dreijährige einen Platz erhalten. In vielen Fällen müssen, wo möglich, die Großeltern unterstützen. Frauen tragen jedoch oftmals die Hauptlast und während es positiv zu sehen ist, dass immer mehr Väter (kurzzeitig) in Elternzeit gehen, wirkt sich dies nicht positiv auf den Zeitaufwand für Kinderbetreuung und Haushalt aus. Das Thema Karrierechancen für Frauen hat also auch mit einem bestimmten Rollenverständnis und einer gleichberechtigten Partnerschaft zu tun.

Klassische Rollenbilder führen in Deutschland dazu, dass Frauen, gegenüber Männern, nach der Geburt ­– weit mehr als der europäische Durchschnitt – in Teilzeit arbeiten oder gar nicht erwerbstätig sind. Knapp 20 Prozent kehren zwar zu ihrem alten Arbeitgeber zurück, aber in anderer Position. Ein Drittel orientiert sich gleich um.

Das ist insofern ein Problem, als dass Frauen mit beruflichen Ambitionen relativ schnell, allerspätestens nach einem Jahr, wieder zurück in den Beruf und auf ihre frühere Stelle zurückkehren sollten – sonst verschieben sich ihre Aufstiegschancen um viele Jahre nach hinten. (1) Auswirkungen hat dies bekanntlich auch auf verschiedene „Gender Gaps“, also die kurz- und langfristigen finanziellen Möglichkeiten von Frauen.

Unternehmen müssen in Frauen investieren

Foto Menschen im Büro
Envato/davidpereiras

Dass die Politik eine bessere Infrastruktur bieten muss, um Frauen bei ihrer Vereinbarkeit zu unterstützen, ist nur eine Seite der Medaille. Natürlich sind auch die Unternehmen gefragt. Sie tun sich mit entsprechenden Maßnahmen selbst einen Gefallen, da sie in Zeiten des Personal- und Fachkräftemangels ihre Arbeitgeberattraktivität und die Mitarbeiterbindung erhöhen.

Moderne Arbeitsmodelle wie Führung in Teilzeit sind eine Option, um die Karrierechancen für Frauen und den Frauenanteil unter den Führungskräften zu erhöhen. Bisher arbeiten insgesamt nur rund 13 Prozent der Beschäftigten mit Personalverantwortung in Teilzeit, wobei dies in der Realität bei der Mehrheit mindestens 28 Wochenstunden bedeutet. Das Modell ist auch nicht auf allen Führungsebenen gleich verteilt, am seltensten kommt es auf mittlerer Ebene vor.

Frauenkarrieren fördern durch individuell geeignete Rahmenbedingungen

Bei Nagarro beschäftigen wir uns intensiv damit, möglichst für jede und jeden individuell geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen. Das kann der erleichterte Wiedereinstieg nach der Elternzeit über unser „Back-to-Work-Program“, die Unterstützung bei der Kinderbetreuung, Job Sharing auf Führungsebene, ein fester Sparringspartner oder die Begleitung eines Coachs beim Thema Karriereplanung und Potenzialanalyse sein.

Karrierechancen für Frauen: Mutig neue Wege gehen
Envato/nenetus

Mit unserem „Glass Window Program“ bieten wir ausgewählten Kolleginnen durch die Einbindung in Meetings, Diskussionen und Tasks Forces ein Jahr lang Zugang zum globalen Senior Management. Die Intention: sich vernetzen und weibliche Führungskräfte weiter aufbauen. In unserem „Connect Circle“ sind zudem über 750 Frauen in 30 Ländern vernetzt, um Ideen auszutauschen – eine solche Community stärkt und inspiriert gegenseitig.

Entgegen kommen wir Mitarbeitenden auch mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, work-from-anywhere-Modellen – einhergehend mit dezentraler Führung –, und Arbeitszeiten, wie Vertrauensarbeitszeit, Gleitzeit oder Arbeitszeitkonten. Auch hier zeigt sich in der Wirtschaft, dass Frauen ihre Arbeitszeiten weniger stark beeinflussen können als Männer. Führungskräfte wiederum können Beginn und Ende ihrer Arbeitszeit stärker bestimmen – ein Anreiz für Frauen, eine solche Position anzustreben. (2) Gleichzeitig sollte dies für alle Geschlechter und Hierarchieebenen gleichermaßen gelten.

Bei Nagarro stellen wir fest, dass wir seit dem Angebot flexibler Vertragsmodelle auch für Menschen attraktiv sind, die wir vorher schlecht erreichen konnten – beispielsweise Alleinerziehende mit Kindern. Unser Ziel bei all diesen Maßnahmen: Eine Frauenquote auf Führungsebene von mindestens einem Drittel zu erreichen. Mit einem unternehmensübergreifenden Frauenanteil von 35 Prozent liegen wir bereits über dem Branchendurchschnitt. Beides tracken wir übrigens und machen die Entwicklung für alle sichtbar.

Frauen müssen mutiger werden

Karrierechancen für Frauen: Mutig neue Wege gehen
Twenty20/@FotoArtist

Ein Aspekt ist mir bei dem Thema besonders wichtig: Frauen müssen aus meiner Sicht mutiger werden! Das gilt zum einen für die Berufswahl. Seit den 90er-Jahren sind zwar deutlich mehr Frauen erwerbstätig, ihr Anteil in den einzelnen Berufsgruppen hat sich jedoch nur wenig verändert. Wir brauchen grundsätzlich mehr Frauen in ursprünglich männerdominierten Berufen wie der IT, denn auch damit sind Unterschiede im Verdienst und in den Karriereverläufen verbunden. Dieses Engagement beginnt bereits beim gut etablierten, deutschlandweiten „Girls‘ Day“, bei dem wir uns dafür einsetzen, dass junge Frauen sich eine Karriere in solchen Berufen zutrauen; auch die Möglichkeit zum Quereinstieg bieten wir.

Zum anderen bedeutet Mut, sich selbst zu vertrauen, sich viel zuzutrauen, Eigenverantwortung zu übernehmen und sich nicht von nicht-linearen Lebensläufen oder Widerständen verunsichern zu lassen. Dabei gilt es auch, ein neues Verständnis von Führung zu entwickeln. Bei uns kann man disziplinarisch oder fachlich Karriere machen. Außerdem legen wir Wert auf flache Hierarchien, sodass Verantwortung und Verpflichtung auf mehrere Schultern verteilt werden, und eine Fehlerkultur, bei der sich Frauen trauen, ihre individuelle Stärken einzubringen. Das können bewusst auch Kompetenzen sein, die durch Erziehung oder Pflege vertieft wurden, wie Organisationsgeschick, Flexibilität, oder das Lösen von Konfliktsituationen.

Ein letzter Tipp: Es braucht nicht immer einen Karriereplan, um aufzusteigen. Ich selbst habe mich immer mit meinem Job identifiziert, mich leidenschaftlich auf Inhalte konzentriert, war stark im Anpacken und Umsetzen, und habe gute Ergebnisse angestrebt. Dadurch haben sich automatisch Chancen ergeben und ich bin sichtbar geworden. Kommt dann noch eine Führungskraft oder ein Mentor oder eine Mentorin hinzu, die das Talent erkennen und fördern, steht dem eigenen Werdegang nichts im Wege.

(1) Beruflicher Wiedereinstieg nach der Familiengründung, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2020

(2) Arbeitskräfteerhebung, Statistisches Bundesamt, 2020

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Foto Annette Mainka

Annette Mainka ist Vorständin bei Nagarro, einem weltweit führenden Unternehmen für Digital Engineering und börsennotiert an der Frankfurter Börse im TecDAX und SDAX. Ihr Aufgabengebiet ist vielfältig, besonders setzt sie sich für kulturelle und personelle Themen ein. Foto: Nagarro

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