Der People-First-Ansatz stellt den Menschen bei allen Entscheidungen in den Mittelpunkt. Carin van Vuuren, CMO bei Greenhouse Software, gibt sieben Tipps, wie Unternehmen im Wettbewerb um Talente neue Wege gehen können.
Angefangen von der weiter fortschreitenden digitalen Transformation, über die anstehende Rezession bis hin zum allgemeinen Fachkräftemangel. Unternehmen sehen sich heute mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert. Und auf einem Markt, in dem Talente sich aussuchen können, wo sie arbeiten, sind Unternehmen aufgefordert, neue Wege im Umgang mit ihren Mitarbeitenden und potenziellen Mitarbeitenden zu gehen.
1) Werte und Mission von Unternehmen werden wichtiger
Für viele Menschen gehört ihr Beruf zu ihrer Identität und damit auch der Ort oder die Organisation, für die sie tätig sind. Wie eine repräsentative Umfrage von Greenhouse kürzlich ermittelte, ist es für fast 80 Prozent der Arbeitnehmerinnen / Arbeitnehmer im DACH-Raum wichtig, dass die Mission und die Werte eines Unternehmens mit ihren eigenen Überzeugungen übereinstimmen.
Für 38 Prozent der Befragten ist eine offene Unternehmenskultur ausschlaggebend für ihre Entscheidung, sich einem Unternehmen anzuschließen und dort zu bleiben. Dies verdeutlicht, wie relevant Aspekte der Unternehmensführung sind, die über die eigentliche Aufgabe eines Mitarbeitenden hinausgehen.
Es gibt viele Möglichkeiten, die Werte des Unternehmens darzustellen und das Leitbild zu vermitteln. Konkret sollten Unternehmen ihre Werte und ihr Leitbild auf ihrer Website darlegen und Fragen in Vorstellungsgesprächen stellen, die ein Gespräch mit den Bewerberinnen / Bewerbern über ihre Ausrichtung auf das Leitbild des Unternehmens eröffnen.
2) Den Mensch als wertvollstes Gut betrachten
Die Arbeitswelt hat sich für immer verändert. Der Begriff “Future of Work” ist zwar keineswegs neu, aber die technologischen und sozialen Kräfte, die dazu beitragen, unser Leben und unsere Arbeit zu gestalten, haben im letzten Jahrzehnt an Dynamik gewonnen. Heute müssen Unternehmen ihre Beziehung zu ihren Mitarbeitenden neu überdenken und diese ins Zentrum ihres Handelns stellen.
People-First-Unternehmen folgen einer Philosophie, die People-First-Praktiken einsetzt und den Menschen bei allen Entscheidungen in den Vordergrund stellt. Sie verstehen, dass Menschen ihr wertvollstes Gut sind, und betrachten daher alle ihre Personalpraktiken – insbesondere die Personalbeschaffung – als strategische und nicht als administrative Funktion.
Wie kann ein solcher Ansatz in der Praxis gelebt werden? Unternehmen sollten ihre Bewerberinnen / Bewerber und Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter genauso wie ihre Kunden behandeln, indem Sie im Einstellungsverfahren transparent, entgegenkommend, respektvoll und gleichberechtigt vorgehen. Ein strukturiertes Einstellungsverfahren, bei dem allen Bewerberinnen / Bewerbern die gleichen Fragen gestellt werden, und das auf der Grundlage einer Reihe vorher festgelegter Kriterien bewertet wird, hilft dabei, Voreingenommenheit auszuschließen.
Diese Denkweise sollte auch bei den derzeitigen Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern fortgesetzt werden. Eine Möglichkeit hierfür ist die regelmäßige Durchführung von Umfragen zum Engagement und zur Stimmung der Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter. Es geht darum, Feedback zu sammeln, Erkenntnisse zu teilen und Maßnahmen zu ergreifen.
3) Eine People-First-Haltung erfordert oft einen Paradigmenwechsel
Viele Unternehmen müssen erst noch den Wandel von einer Denkweise der „Humanressourcen“ und der Verwendung von HR-Technologie als Aufzeichnungs- und Compliance-System zu einem mitarbeiterzentrierten Ansatz mit Schwerpunkt auf Zusammenarbeit und Kreativität vollziehen. Sie haben sich noch nicht auf eine Zukunft eingestellt, in der Talente geschäftsentscheidend sind und in der Technologie auf die Bedürfnisse aller Mitarbeitenden abgestimmt sein muss und nicht umgekehrt. Unternehmen, die diesen Paradigmenwechsel noch nicht vollzogen haben, folgen immer noch dem vorherrschenden Personalverwaltungsmodell des 20. Jahrhunderts, das Compliance und Kontrolle in den Vordergrund stellt.
Das Einstellungsverfahren ist der erste Kontakt, den ein potenzieller Mitarbeitender mit dem Unternehmen hat. Daher sollte es nicht darum gehen, so schnell wie möglich einzustellen, sondern auch darum, die richtige Person für die richtige Rolle zu finden, damit sie sich beruflich weiterentwickeln und ihre eigenen Träume verwirklichen kann, während sie dem Unternehmen hilft, seine Ziele zu erreichen.
4) DE&I als zentraler Bestandteil einer People-First-Haltung
People-First-Unternehmen kümmern sich um jeden Stakeholder. Sie handeln zielgerichtet, haben gelebte Werte und räumen ihrer internen Kultur Priorität ein. Geht es um Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion, oder auch englisch Diversity, Equity and Inclusion (DE&I), lohnt es sich genau hinzuschauen, welche Maßnahmen sich in der Praxis bereits als wirksam erwiesen haben, um Veränderungen voranzutreiben und erkennbare Fortschritte zu erzielen. Denn Unternehmen wissen, dass eine gelebte Unternehmenskultur für ihre Mitarbeitenden wichtig ist. Sie sehen in der Diversität den Schlüssel zur Kreativität, zur Unternehmensleistung, zur Förderung von Innovation und zur Schaffung von positiven gesellschaftlichen Nutzen.
Hilfreich hierbei ist es, demografische Daten von Mitarbeitenden, Managern und sogar des Führungsteams zu messen, um damit den Status quo zu kennen. Diese Daten müsse nicht extern geteilt werden, sondern können auch für reine interne Zwecke genutzt werden. Wenn die Erhebungen der demographischen Daten regelmäßig erfolgt und auch geteilt werden, ist es möglich, damit zu arbeiten und echte Vielfalt abzubilden, wenn die am Erstellungsprozess beteiligten Personen dafür sensibilisiert werden.
5) Eine People-First-Haltung beginnt beim Einstellungsprozess
People-First-Unternehmen betrachten die Personalbeschaffung als eine zentrale Fähigkeit zur Geschäftsentwicklung und als unternehmensweites, strategisches Unterfangen. Sie wissen, wie wichtig es ist, die richtige Technik und die richtigen Teams zu haben, damit sie die richtigen Talente einstellen und ihre Ziele erreichen können. Da sie darauf abzielen, eine Einstellungskultur zu schaffen, investieren People-First-Unternehmen in Systeme, die es ihnen ermöglichen, ihre Personalarbeit zu optimieren. Dabei denken sie sorgfältig über die Art der von ihnen verwendeten Technologien nach.
Sie investieren in Arbeitstechnologien, die die Zusammenarbeit, die Integration, die Produktivität und die Gerechtigkeit bei der Einstellung von Mitarbeitern fördern, und vermeiden Technologien, die sich auf Compliance konzentrieren und das Benutzererlebnis einschränken. Es geht darum, Einstellungsprozesse zu entwickeln, die die Unternehmenswerte und die Art und Weise der Zusammenarbeit widerspiegeln.
Einstellungsentscheidungen auf der Grundlage von Daten sorgen für eine gerechte Erfahrung für Bewerberinnen / Bewerber und erleichtern die Zusammenarbeit zwischen Recruitern und Personalverantwortlichen, um so effektiv und produktiv wie möglich zu sein.
6) Aufbau von Zugehörigkeit als zentraler Aspekt
Da die Suche, Einstellung und Bindung von Talenten, die andere vielleicht übersehen, ein Teil ihrer Wettbewerbsstrategie ist, konzentrieren sich People-First-Unternehmen auf den Aufbau von Zugehörigkeit. Sie wissen, wie wichtig es für die Mitarbeitenden ist, sich gesehen und gehört zu fühlen und sich mit ihrer ganzen Persönlichkeit in die Arbeit einbringen zu können. Unternehmen mit einer People-First-Haltung nutzen eine kooperative und offene Kommunikation, um ein Umfeld zu schaffen, in dem sich alle Mitarbeitenden entfalten können.
Viele Unternehmen fördern den Dialog mit “Ask Me Anything (AMA)-Sitzungen” oder Town Hall Meetings mit Live-Fragen und Antworten. Über Mitarbeiterbefragungen und AMAs hinaus kann Zugehörigkeit aufgebaut werden, indem Mitarbeitenden die Möglichkeit geben wird, Affinitäts- und Mitarbeiter-Ressourcengruppen zu gründen, um sich mit ihren gleichgesinnten Gemeinschaften auszutauschen.
7) Eine People-First-Haltung zahlt sich aus
In der Arbeitswelt der Zukunft werden People-First-Unternehmen einen noch größeren Wettbewerbsvorteil haben, weil großartige Talente es vorziehen, für sie zu arbeiten. Diesbezüglich wird die Fähigkeit der Unternehmen, die für sie optimalen Mitarbeitende einzustellen und zu halten, immer wichtiger. Die zunehmende Mobilität von Talenten bedeutet, dass diese häufiger den Arbeitsplatz wechseln und die Unternehmen daher ständig neue Mitarbeitende einstellen müssen, um ihre Positionen zu besetzen.
Die wichtigsten Kriterien für die Einstellung sind die Deckung des Kapazitätsbedarfs, Produktivitätssteigerungen oder Kosteneinsparungen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht bedeutet das, dass Unternehmen, die sich von Anfang an auf die “richtige Person” konzentrieren, einen Wertzuwachs erzielen, der sich positiv auf die damit verbundenen Investitionsausgaben auswirkt.
Um in der zukünftigen Arbeitswelt, in der die Mitarbeitenden entscheiden, wann, wo und wie sie arbeiten, ist eine Mentalität, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, ein Muss, um einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen und zu erhalten.
Lesen Sie auch die folgenden Beiträge:
- Recruiting Marketing erfolgreich planen und einsetzen
- Diversität & Inklusion helfen gegen den Fachkräftemangel
- Das beste Recruiting ist eine gute Mitarbeiterbindung
Carin van Vuuren ist Chief Marketing Officer bei Greenhouse Software, ein US-amerikanisches Hiring-Softwareunternehmen. Sie verfügt über eine umfangreiche Expertise in der Entwicklung von Unternehmen durch den Aufbau herausragender Marken und die Leitung leistungsfähiger Revenue-Marketingteams.