Focused Company: Punkt 10 Uhr wird es schlagartig ruhig

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Zwei Stunden Fokuszeit für alle Teams. Jeden Tag. Daniel J. Hanke, CEO Klenk & Hoursch, berichtet im Interview über den Weg zur Focused Company und Lessons Learned.

„Der positive Effekt war sofort spürbar“, sagt Daniel J. Hanke. Die Kommunikationsberatung wollte konzentriertes, hirngerechtes Arbeiten nicht mehr dem Zufall überlassen. Die Lösung: eine Balance zwischen Konzentrations- und Kollaborationszeiten. Alle Beraterinnen und Berater arbeiten jeden Tag zwischen zehn und zwölf Uhr unterbrechungsfrei. Ohne E-Mail, Telefon, Chat und Meetings.

Klenk & Hoursch wurde zur Focused Company, „ein aufregender, anstrengender und lohnender Weg“. Ein Prozess, der sich gelohnt hat, der aber längst nicht abgeschlossen ist. Heute arbeiten die Teammitglieder produktiver, vor allem beim Erstellen von Konzepten, anspruchsvollen Textarbeiten und Analysen. Erfahren Sie hier von Daniel J. Hanke, wie das Unternehmen bei der Umstellung vorgegangen ist, welche Hürden es gab, was sich verändert hat und woran das Unternehmen noch arbeiten wird.

Seit April 2021 ist Klenk & Hoursch eine „Focused Company“. Was bedeutet das genau?

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Daniel J. Hanke: Wir haben unseren „Way of Working“ so verändert, dass konzentriertes Arbeiten nicht die Ausnahme, sondern die Regel ist. Dafür mussten wir viele Prozesse und Gewohnheiten auf den Prüfstand stellen, um unter anderem gemeinsame Konzentrationszeiten zu schaffen, die Anzahl und Dauer von Meetings zu reduzieren, den Umgang mit dem Smartphone zu verändern und Singletasking und Pausen zu Königsdisziplinen zu machen.

Eine solche Umstellung ist mit erheblichem Aufwand verbunden. Warum haben Sie das gemacht?

Daniel J. Hanke: Der grundsätzliche Information Overflow und die ständige Unterbrechung durch E-Mails, Meetings, Push Nachrichten, Videocalls machen konzentriertes Arbeiten über längere Zeit fast unmöglich. Dass wir uns als Kommunikationsberaterinnen / -berater ungestört in eine Aufgabe vertiefen, ist aber zwingende Voraussetzung für die hohe Qualität und Innovationskraft, die wir unseren Kundinnen und Kunden versprechen. Mit TFC („The Focused Company“) haben wir ein Framework gefunden, das jedes Unternehmen individuell auf sein Geschäftsmodell und seine Kultur maßschneidern kann.

Wie stellt sich denn ein typischer Arbeitstag heute dar?

Daniel J. Hanke: Morgens zwischen 9 und 10 Uhr geht es außerhalb von Lock-down Zeiten sehr lebendig zu, weil sich Teams abstimmen, Menschen Briefings geben, Freigaben einholen, Ausdrucke machen. Punkt 10 Uhr wird es schlagartig ruhig, denn an unseren Standorten in Frankfurt, München und Hamburg beginnt die zweistündige Fokuszeit. Und zwar jeden Tag, Montag bis Freitag. Nur die Team Assistentinnen sind per Telefon oder E-Mail erreichbar. Alle anderen arbeiten ungestört an der anspruchsvollsten Aufgabe ihres Tages.

Punkt 12 Uhr wird es dann wieder lebendig, vor allem wenn es auf die Mittagspause zugeht. Der Nachmittag steht im Zeichen der Kollaboration: Videocalls mit Kundinnen / Kunden, Team Meetings, Workshops. Manche machen zwischen 17 und 18 Uhr nochmal eine extra Fokuszeit, um Fleißaufgaben effektiv und effizient „wegzumachen“ oder den nächsten Tag zu planen. Es geht im Kern also an jedem Tag um eine funktionale Balance aus Konzentration und Kollaboration.

Wie lässt sich der Weg zur Focused Company beschreiben?

Daniel J. Hanke: Es ist ein aufregender, anstrengender und lohnender Weg! Aufregend, weil wir alle viel gelernt haben über hirngerechtes Arbeiten und darüber, wie man eingefahrene Muster durchbrechen kann. Anstrengend, weil es ans Eingemachte ging: Meeting- und Smartphone-Regeln und deren Einhaltung oder verbindliche Rahmenbedingungen für die digitale Kommunikation.

Und lohnend, weil wir in der begleitenden Evaluation sehen, dass TFC im Arbeitsalltag einen echten Unterschied macht. Beispiel: 85 Prozent unserer Mitarbeitenden geben an, dass die Fokuszeit sie produktiver macht. Vor allem, wenn es um Konzepte, anspruchsvolle Textarbeiten, Analysen und Kreativaufgaben geht.

Und ganz konkret? Es gab so einige Klausuren, Meetings und Workshops…

Daniel J. Hanke: Das stimmt: Wir haben als Inhaber/-innen von Klenk & Hoursch im Herbst 2020 gemeinsam mit der TFC-Entwicklerin Vera Starker die Leitplanken für diesen Weg abgesteckt: Zweck, Ziele und Weg. Dann gab es acht Wochen Wissensvermittlung, unter anderem über das Lesen des TFC-Workbooks „Endlich wieder konzentriert arbeiten“ und viel Austausch rund um hirngerechtes Arbeiten, Deep Work, Multitasking, Smartphone und Co.

Im Frühjahr 2021 haben wir in vier halbtägigen Workshops mit allen Mitarbeitenden insgesamt 75 kleine und große Hacks rund um konzentriertes Arbeiten entwickelt. Pandemiebedingt im full-remote Modus, was dank der TFC-App der Münchner Agentur Culturizer hervorragend funktioniert hat. Anschließend wurden Stück für Stück die 25 wichtigsten Hacks für die Umsetzung konkretisiert, eingeführt, trainiert, evaluiert.

Können Sie uns ein Beispiel für einen typischen Hack geben?

Daniel J. Hanke: Beispiele für große Hacks sind natürlich die Fokuszeit oder Regeln für synchrone und asynchrone digitale Kommunikation: Welches Thema gehört für welche Zielgruppe auf welche Plattform mit welcher Antworterwartung? Aber auch viele kleine Hacks hatten einen großen Effekt. Wir haben zum Beispiel einen verbindlichen Umgang mit Kalendereinträgen vereinbart: Was ist öffentlich, was privat? Wie kennzeichne ich Meetings versus To-dos? Dadurch, dass jetzt alle alles sehen können und alle Kalender in Echtzeit gepflegt sind, kann jede/r eigenverantwortlicher und achtsamer mit Anrufen, E-Mails, Meetings und sonstigen Verabredungen umgehen.

Konkret zur Fokuszeit: Die tägliche Erreichbarkeit der Beratungsteams ist ja heute eingeschränkt. Wie haben die Kunden auf die Umstellung zur Focused Company reagiert?

Daniel J. Hanke: Das klingt jetzt zu schön, um wahr zu sein, ist aber wahr: Wir haben alle Kundinnen und Kunden zum Wozu und Wie der Fokuszeit informiert und haben ausschließlich positive Rückmeldungen dazu bekommen. Sicher, weil die Fokuszeit am Ende des Tages über Arbeitsqualität und Kreativität ihnen zugutekommt. Aber vielleicht auch, weil das eine oder andere Team selbst mit Information Overflow und ständiger Erreichbarkeit und Unterbrechung zu kämpfen hat.

Mit welchem Zeitrahmen ist bei einem Wandel zur Focused Company zu rechnen?

Daniel J. Hanke: Nach unserer Erfahrung würde ich mit einem halben Jahr für die Grundlagen, das Aufschlauen, die Workshops und die wesentlichen Hacks rechnen. Dann Bilanz ziehen und entweder nachbessern oder die zweite Serie von Hacks implementieren. Allerdings: Den positiven Effekt der Fokuszeit spürt man ab dem ersten Tag…

Im September 2021 hat Ihr Unternehmen eine Halbjahresbilanz gemacht und alle Handlungsfelder abgefragt. Wie ist denn das Ergebnis ausgefallen?

Daniel J. Hanke: In der Gesamtbilanz gut – unsere Mitarbeitenden haben das Gefühl, konzentrierter arbeiten zu können. Sie empfinden mehr Handlungsklarheit, was die digitale Kommunikation oder die Haltung zu Meetings, Pausen und Multitasking betrifft. Es gibt aber auch Dinge, mit denen der eine was anfangen kann, die andere nicht. Mit Vera Starker zusammen haben wir Meditationen geschrieben und eingesprochen, die bei dem Übergang vom Tagesstart in die Fokuszeit unterstützen sollen oder dabei, den Arbeitstag abzuschließen und mit freiem Kopf in den Abend zu gehen. Ist wohl nicht jedermanns Sache… 😉

Was war die bisher größte Hürde in dem Change-Prozess – und wie hat Klenk & Hoursch diese gemeistert?

Daniel J. Hanke: Ich bin, ehrlich gesagt, davon ausgegangen, dass es vor allem grundsätzliche Bedenken geben würde: Wofür brauchen wir das? Ist das die nächste New Work Sau? Werden wir jetzt eine Klangschalen-Beratung? Aber letztendlich war und ist die größte Hürde, jahrelang trainierte Muster aufzubrechen und dauerhaft zu verändern. Da unterscheiden wir uns als Beratung kein bisschen von unseren Kundinnen / Kunden im Bereich Change Management…

Lessons Learned: Woran müssen Sie noch arbeiten?

Daniel J. Hanke: Meetings! Und das ist eigentlich verrückt: Wir gestalten jeden Tag erfolgreiche, produktive Meetings für und mit unseren Kundinnen und Kunden, die in der Regel auch noch Spaß machen. Wir können konzipieren, moderieren, protokollieren, alles. Aber bei unseren internen Meetings halten wir uns viel zu selten an unsere gemeinsamen Vereinbarungen: Zu spät eingeladen, zu viele Teilnehmende, kein Ziel festgelegt, Themen laufen lassen, die gar nicht auf der Agenda standen, Smartphone auf dem Tisch etc. Aber da nehmen wir jetzt in der „zweiten Halbzeit“ noch mal neuen Anlauf.

Was hat sich für Sie persönlich verändert – und für die anderen Mitglieder der Unternehmensführung?

Daniel J. Hanke: Natürlich nimmt sich jede/r unterschiedlich viel aus einem solchen Thema, das ja auch tief in den eigenen Arbeitsstil eingreift. Der eine setzt für sich um, was für alle verbindlich ist, eine andere hat Lust, wild zu experimentieren und TFC vielleicht sogar ein Stück weiterzuentwickeln. Es ist ja ein Open Source Framework. Für mich persönlich kann ich sagen: Ich arbeite bei gleichem Output etwa fünf Stunden weniger pro Woche.

Nach einer guten Fokuszeit gehe ich deutlich positiver und stressresistenter in den Rest des Arbeitstages. Das lässt sich übrigens sogar am Abend im Speichel anhand des Cortisollevels nachweisen. Ich greife außerhalb der Fokuszeit deutlich seltener zum Smartphone und anderen Fragmentierern. Und ich mache mehr Pausen und die richtig: Ohne E-Mails und WhatsApp zu checken oder schnell mal zu telefonieren.

Welchen Unternehmen würden Sie die Umstellung zur Focused Company ans Herz legen?

Daniel J. Hanke: Soweit ich weiß, sind unter den 15 Unternehmen, die TFC umgesetzt haben, Anwaltskanzleien, Agenturen, Software-Entwickler – also vor allem wissensarbeitslastige Organisationen. TFC als Framework ist allerdings so universell beziehungsweise flexibel angelegt, dass es unerheblich ist, ob ein Unternehmen auch produziert, vertreibt und repariert oder in verschiedenen Kulturräumen aktiv ist. Entsprechend differenzierter und zielgruppenorientierter müssen dann die Workshops zu den Hacks sein. Aber konzentriertes Arbeiten ist an einer Produktionsstraße nicht weniger wichtig, als in der Strategieabteilung…

Das Interview führte Helge Weinberg, Herausgeber HR JOURNAL.

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Foto Daniel J. Hanke

Daniel J. Hanke ist Vorstand (CEO) & Partner der Klenk & Hoursch AG. Hanke studierte an der Universität Leipzig Journalistik und Kulturmanagement und ist seit 2004 bei Klenk & Hoursch. Er ist verheiratet, Vater von vier Kindern, und lebt in der Nähe von München, um einen möglichst kurzen Weg zu verschiedenen Bergsportarten zu haben.

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