Corona-Testpflicht für Arbeitgeber: Was Unternehmen jetzt wissen müssen

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Seit dem 20. April ist sie da: Die bundesweite „Corona-Testpflicht“ für Arbeitgeber. Arbeitsrechtler Tim Eickmanns erklärt die rechtliche Lage.

Das Bundeskabinett hatte die Corona-Testpflicht für Arbeitgeber am 13. April 2021 beschlossen. In der Folge sind nun alle Arbeitgeber in Deutschland verpflichtet, ihren Beschäftigten grundsätzlich kostenlose Corona-Tests anzubieten.

Dies bringt die Unternehmen in eine schwierige Lage: Einerseits ist schnelles Handeln gefordert, andererseits gibt es viele offene Fragen. Dieser Beitrag soll einen ersten Überblick über die entscheidenden Punkte geben:

Welchen Beschäftigten muss wie oft ein Testangebot gemacht werden?

Derzeit müssen Arbeitgeber allen Beschäftigten, die nicht ausschließlich im Homeoffice arbeiten – vorbehaltlich abweichender Regelungen auf Landesebene – mindestens einmal pro Kalenderwoche einen kostenlosen Corona-Test anbieten. Sind Beschäftigte bei ihrer Tätigkeit erhöhten Ansteckungsgefahren ausgesetzt, muss der Arbeitgeber ihnen sogar mindestens zwei Corona-Tests pro Woche anbieten. Dies betrifft beispielsweise Beschäftigte, die (i) unter klimatischen Bedingungen in geschlossenen Räumen arbeiten, die eine Übertragung des Coronavirus SARS-CoV-2 begünstigen, (ii) betriebsbedingt in häufig wechselnden Kontakt mit anderen Personen treten, oder (iii) die Tätigkeiten mit Kontakt zu anderen Personen ausüben, für die keine Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes besteht.

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Wer muss die Tests durchführen?

Es ist – vorbehaltlich abweichender Regelungen auf Landesebene – grundsätzlich ausreichend, wenn Arbeitgeber ihren Beschäftigten Selbsttests anbieten, die sie selbst nach Anleitung durchführen können. In diesem Falle dürfte es aber erforderlich sein, dass der Arbeitgeber seinen Beschäftigten eine entsprechende Anleitung zur ordnungsgemäßen Anwendung der Tests „an die Hand gibt“.

Alternativ können Arbeitgeber auch dritte Personen oder Dienstleister damit beauftragen, die Tests durchführen. Hierbei muss aber gewährleistet sein, dass diese die dafür erforderliche Ausbildung oder Kenntnis und Erfahrung haben, und entsprechend eingewiesen sind. Es ist davon auszugehen, dass ein bloßer Verweis auf den Gang zu einem öffentlichen Bürgertestzentrum hingegen nicht ausreichend sein dürfte.

Wer trägt die Testkosten?

Die Kosten für die Corona-Tests haben grundsätzlich die Arbeitgeber zu tragen. Möglichkeiten einer Kostenerstattung sind nur wenigen Bereichen der medizinischen Versorgung und der Pflege sowie der Betreuung von Kindern oder Menschen mit Beeinträchtigungen vorbehalten.

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Besteht eine Pflicht der Beschäftigten, das Testangebot anzunehmen?

Nein, eine Pflicht der Beschäftigten, die angebotenen Tests auch durchzuführen, dürfte – vorbehaltlich abweichender Regelungen auf Landesebene – grundsätzlich nicht bestehen. Dies dürfte jedenfalls dann gelten, wenn es sich um einen rein präventiven Test, ohne konkreten Anlass handelt. Im Falle eines konkreten Testanlasses kann dies allerdings anders sein, beispielsweise, wenn Beschäftigte typische Symptome einer Corona-Erkrankung zeigen, wenn sie mit besonderen Risikogruppen zusammenarbeiten, oder wenn sie gerade aus Urlauben in einem Risikogebiet zurückgekehrt sind.

Wie sollten die Testangebote dokumentiert werden?

Zunächst einmal sollten Arbeitgeber dokumentieren, dass sie allen (teilweise) im Betrieb präsenten Beschäftigten ein Testangebot gemacht haben. Hierzu sollte das Angebot persönlich schriftlich (zum Beispiel per E-Mail oder per Aushang) gemacht werden. Hierbei sollte unter anderem angegeben werden, wie, wo und zu welchen Zeiten die Tests jeweils durchgeführt werden. Bei Antigen-Schnelltests zur Selbstanwendung müsste zudem eine kurze Anleitung zur bestimmungsgemäßen Anwendung beigefügt werden.

Die Nachweise über die Beschaffung von Tests (Bestellungen, Rechnungen etc.) oder Vereinbarungen mit Dritten über die Testung sind vom Arbeitgeber mindestens vier Wochen aufzubewahren.

Hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht?

Sofern ein Betriebsrat besteht, hat dieser bei der Einführung von Corona-Tests im Betrieb grundsätzlich ein zwingendes Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz. Dies dürfte zumindest gelten, soweit das Gesetz den Arbeitgebern einen Spielraum zur Ausgestaltung des Testangebots lässt. Solche Spielräume sind beispielsweise bei der Auswahl von Herstellern und Produkten, dem Umgang mit den Testergebnissen inklusive des Schutzes der Beschäftigtendaten oder bei den beabsichtigten Maßnahmen für den Fall positiver Testungen denkbar.

Vorsicht: Landesspezifische Regelungen beachten!

Vor der konkreten Umsetzung der Testangebote müssen Arbeitgeber zwingend auch einen Blick in die für sie geltenden landesspezifischen Verordnungen werfen, denn diese können unter Umständen noch weitreichendere Verpflichtungen vorsehen. So gilt in Berlin schon jetzt unter anderem pauschal für alle im Betrieb präsenten Arbeitnehmer ein verpflichtender „Testintervall“ von mindestens zwei Tests pro Woche.

Strengere Regelungen bereits beschlossen

Um die Verwirrung perfekt zu machen, hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil am 21. April 2021, nur einen Tag nach ihrem Inkrafttreten, bereits eine Verschärfung der vorstehenden Regelungen im Bundeskabinett vorgestellt. Demnach sollen künftig alle Arbeitnehmer, die nicht ausschließlich im Homeoffice arbeiten, verpflichtend pauschal zwei wöchentliche Testangebote erhalten. Eine Unterscheidung zwischen „normalen“ Arbeitnehmern, und Arbeitnehmern mit erhöhter Ansteckungsgefahr entfällt dann. Zudem sollen die Aufbewahrungspflichten bis zum 30. Juni 2021, statt nur für vier Wochen gelten. Wann diese strengeren Regelungen in Kraft treten, ist derzeit aber noch nicht bekannt.

Dr. Tim Eickmanns ist als Rechtsanwalt im Bereich Arbeitsrecht für die internationale Wirtschaftskanzlei Taylor Wessing in Düsseldorf tätig. Er berät national und international tätige Unternehmen sowie Führungskräfte in allen Bereichen des Individual- und Kollektivarbeitsrechts. Sein besonderer Beratungsschwerpunkt liegt in der arbeitsrechtlichen Beratung von Energie- und Versorgungsunternehmen sowie zu Fragen im Zusammenhang mit dem Trennungsmanagement.

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